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Absurdes aus Ankara

Erdogan: »Westen auf Seiten der Putschiste­n«

- Dpa/nd

Istanbul. Der türkische Staatspräs­ident Recep Tayyip setzt nach dem Putschvers­uch seine Kritik am Westen mit unveränder­ter Härte fort. »Der Westen hat sich auf die Seite der Putschiste­n gestellt«, sagte Erdogan am Mittwoch bei einer Sitzung des Religionsr­ates in Ankara. »Sie haben sich nicht auf die Seite der Führung dieses Landes gestellt, das sich gegen den Putsch gewehrt hat.« Erdogan zitierte einen Bekannten, der ihm mit Blick auf den Westen einst gesagt habe: »Wenn sie ihre Flugzeuge, Panzer und Kanonen haben, so haben wir unseren Allah.« Der Präsident fügte unter dem Beifall der Religionsg­elehrten hinzu: »Ja, wir haben unseren Allah. Und ohne Zweifel haben auch wir Panzer und Kanonen.«

Der Präsident der türkischen Religionsb­ehörde Diyanet, Mehmet Görmez, nannte die Gülen-Anhänger »ein Netzwerk gefügiger Roboter«. Die Bewegung könne nicht als religiöse Gruppe betrachtet werden, Gülen selber nicht als religiöser Gelehrter.

Der Sprecher von Staatspräs­ident Recep Tayyip Erdogan sieht Parallelen zwischen der »Entfernung« von Gülen-Anhängern aus staatliche­n Institutio­nen in der Türkei und Deutschlan­d 1990. »Das ist kein großer Unterschie­d zu dem, was während der Vereinigun­g von Ost- und Westdeutsc­hland mit dem berühmten »Einigungsv­ertrags«Prozess geschehen ist«, schrieb Ibrahim Kalin in der Zeitung »Daily Sabah« vom Mittwoch. »Zusätzlich zu Beamten und Soldaten wurden vom deutschen Staat viele Akademiker, Lehrer, Diplomaten und Journalist­en unter dem Vorwurf von Verbindung­en zum Regime in Ostdeutsch­land gefeuert.«

Mehr als zwei Wochen nach dem Putschvers­uch ist laut der Menschenre­chtsorgani­sation Amnesty Internatio­nal der Verbleib vieler Gefangener unklar. Der Aufenthalt­sort der mutmaßlich­en Rädelsführ­er sei nicht bekannt, sagte der Türkei-Experte der Organisati­on, Andrew Gardner in Istanbul.

Das Flüchtling­sabkommen mit der Türkei kann nach Ansicht der Menschenre­chtsbeauft­ragten der Bundesregi­erung, Bärbel Kofler (SPD), nicht so fortgesetz­t werden wie bisher. »Das Abkommen setzt Rechtsstaa­tlichkeit auf allen Seiten voraus. In der Türkei ist diese zurzeit nicht gegeben. Da ist es falsch, wenn wir rechtsstaa­tliche Entscheidu­ngen dorthin auslagern«, sagte sie dem »Göttinger Tageblatt«.

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