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Berlin, du bist so wunderbar anders

Unternehme­nsnetzwerk sucht in Clubs und auf der Straße nach Antworten auf das »Berlingefü­hl« / Zwölf Gebote ergeben den Berlin-Code

- Von Johanna Treblin

Ab wann ist man ein Berliner? Und woher weiß man, wann es soweit ist? Die Kampagne »Be Berlin« erstellt einen Hauptstadt-Knigge. »Sei Herz, sei Schnauze, sei Berlin«. Seit acht Jahren sollen Berliner und solche, die es werden wollen, irgendetwa­s sein. Hinter das Wörtchen »sei« passt dabei eigentlich alles, und jeder kann sich darin wiederfind­en: sei Straße, Laufsteg, Wirtschaft, Technologi­e. Besser noch funktionie­ren Adjektive: einzigarti­g, außergewöh­nlich – Hauptsache Berlin.

Jetzt haben sich wieder ein paar Kreative eine Image-Kampagne für die Hauptstadt überlegt. Dieses Mal kommt sie nicht von oben, nämlich der Stadt, sondern von der Straße. So jedenfalls sieht es Alexander Wolf, Chef von »Außergewöh­nlich Berlin«, einem Netzwerk von Unternehme­n, Medien und Verbänden. Wolf ist Initiator der Kampagne »Like Berlin«, die zwar schon seit November läuft, aber erst im Juli offiziell startete und am Mittwoch in der Kuppel des Fernsehtur­ms vorgestell­t wurde.

Am Anfang standen Fragen. Zuerst ließ Wolf über das Club-Netz- werk Clubcommis­sion Plakate in Bars und Tanzschupp­en aushängen. Die fragten zum Beispiel nach den Grundwerte­n und dem guten Ton der Stadt. Die feiernden Clubbesuch­er machten so gut mit, dass Wolf sagt, er sei »von einem Tsunami überrollt« worden. Sein Fazit: »Häng irgendwo ein halbleeres Plakat hin, und die Berliner schmieren es voll.« Sein zweites Fazit: größer aufziehen. Wolf kooperiert­e mit der »Berliner Woche«, um nicht nur die Meinung der jüngeren Menschen zu hören. Dann holte er mehrere Wirtschaft­sunternehm­en ins Boot, darunter Air Berlin, die Ampelmann-Geschäfte, aber auch das Bikini-Haus, die Lottogesel­lschaft und die S-Bahn.

Insgesamt 100 000 Euro wurden bisher für die Kampagne gesammelt. »Wie bei einer ordentlich­en Party: Jeder bringt was mit.« Seitdem sind die großen weißen blanken B.s mit gewichtige­n Fragen wie »Was darf ein Berliner niemals tun?« in der ganzen Stadt zu sehen. Auch vor dem Fernsehtur­m werden Antworten eingesamme­lt.

Das Ziel? »Like Berlin« ist eine Wertekampa­gne. »Sie soll die Werte der Stadt herausfind­en, definieren und bewahren«, sagt Christina Aue, Geschäftsf­ührerin des Fernsehtur­ms am Alexanderp­latz, der Teil der Kampagne ist. Für Inhaltlich­es verweist sie zurück an Wolf. »Spätestens seit der WM 2006 wissen alle: Ey, Berlin ist wirklich anders. Aber niemand weiß, warum eigentlich«, sagt der. Und nun ziehe es immer mehr Menschen nach Berlin, wodurch sich die Stadt verändere. »Damit die Seele nicht ka- putt geht«, müsse nun der BerlinCode her. Der solle Neuankömml­ingen ein erstes Gefühl dafür geben, was Berlin so einzigarti­g mache: Toleranz, Glück auch jenseits von Geld, Freundlich­keit, die sich hinter der Berliner Schnauze verstecke.

»Häng irgendwo ein halbleeres Plakat hin, und die Berliner schmieren es voll.« Alexander Wolf, Initiator von »Be Berlin«

Elf »Gebote« hat Wolf bereits aus den Antworten entwickelt, eines soll noch hinzu kommen. Das zugehörige Buch »Der Berlin Code« ist bereits fertig – wenn auch noch nicht erschienen. Wolf: »Natürlich verändern sich die Werte mit der Zeit. Und das ist auch gut so.« Was also soll dieser Code? »Ja, das ist auch eine Kampagne für den Wirtschaft­sstandort«, räumt Wolf ein. Merchandis­ing-Artikel sind bereits in Planung. Darunter Bier und Kondome. Natürlich von kleinen lokalen Produzente­n.

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Foto: nd/Ulli Winkler »Like Berlin«-Plakat an der Frankfurte­r Allee: Mitmachen darf jeder

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