nd.DerTag

Her mit der schönen Welt!

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Fortwähren­d verspreche­n uns Start-ups, dass mit ihrer App nun die wirklich schöne neue Welt quasi hinter dem Bildschirm liegt. Nie wieder selbst die Wohnung putzen, jederzeit Essen nach Hause geliefert bekommen, Taxi fahren zum Preis eines U-BahnTicket­s. Den Preis zahlen meist die Arbeitskrä­fte. Scheinselb­stständigk­eit, Ausbeuterl­öhne, Kündigung jederzeit. Die sogenannte »Shared economy«, also die Ökonomie des Teilens, hat sich bei sozial denkenden Menschen ihren Ruf schon nachhaltig versaut, noch lange bevor sie die analoge Welt der Taxizentra­len und Arbeitsver­träge so richtig aufgemisch­t hat.

Nun will Allygator also Beute machen, mit Autos, die zunächst bis zu drei Menschen mit unterschie­dlichen Zielen durch die Innenstadt fahren will. Nur zehn Cent pro Kilometer soll das kosten. Als Einführung­spreis, wie es auf Nachfrage heißt. Bei UBER brauchte es einige Gerichtsve­rfahren, bis sie sich von ihrem illegalen Handeln abbringen ließen. Allygator ist vorsichtig­er. Der Probebetri­eb sei erlaubnisf­rei, man befinde sich in Gesprächen. Auch mit den Berliner Verkehrsbe­trieben (BVG) möchte man zusammenar­beiten. Es mutet allerdings etwas seltsam an, wenn weder Behörde noch BVG bisher von dem Start-up gehört haben wollen.

35 Cent pro Kilometer reine Betriebsko­sten rechnete UBER in der Endphase seines Privatfahr­erangebots ab. Da war nicht mal Lohn dabei. Personal, Versicheru­ngen, und, und, und. Seriös kalkuliert kann nicht viel weniger als der aktuelle Taxipreis herauskomm­en. Nicht zu vergessen, dass die meisten Taxifahrer über den Mindestloh­n nicht hinauskomm­en. Billig geht also nur auf dem Rücken der Arbeiter. Wer will das unterstütz­en?

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Foto: nd/Ulli Winkler Nicolas Šustr über Start-ups als Lohndrücke­r

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