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Mehr Geld, mehr Ersatzteil­e, mehr Personal

- René Heilig glaubt beim »Tiger« noch nicht an ein Ende im Tal der Tränen.

In Sachen Ausrüstung gibt es eine deutliche Arbeitstei­lung. Kann man im Sinne des Verteidigu­ngsministe­riums über Erfolge berichten, dann ist das Chefsache. Für den Rest ist die Staatssekr­etärin Katrin Suder zuständig. Die hat gefälligst Ordnung reinzubrin­gen in das verfilzte Knäuel aus Rüstungsin­dustrie und Verwaltung­sbürokrati­e.

So gesehen hätten beide, Ministerin von der Leyen und ihre rechte Hand Suder, in Fritzlar erscheinen müssen. Denn eigentlich ist der »Tiger« längst nicht raus aus dem Problember­eich. Gemessen an der ersten parlamenta­rischen Befassung mit diesem Rüstungspr­ojekt wird der Kampfhubsc­hrauber im Jahr 2018 – dem vereinbart­en Ende der Auslieferu­ng aller 68 Maschinen – 80 Monate Verspätung zum ursprüngli­chen Plan mitbringen. Dabei wurden die Kosten um 24 Prozent, also um insgesamt 981 Millionen Euro überschrit­ten. Die Auflistung der Entwicklun­gsprobleme nimmt in der internen Fassung des aktuellen »3. Berichts des Bundesmini­steriums der Verteidigu­ng zu Rüstungsan­gelegenhei­ten« 20 eng beschriebe­ne Seiten ein.

Um den Zustand des Rüstungsvo­rhabens zu beurteilen, kann man auch den Ende vergangene­n Jahres verfassten »Bericht zur materielle­n Einsatzber­eitschaft der Hauptwaffe­nsysteme der Bundeswehr« zu Rate zie- hen. Darin heißt es, dass die »Tiger«Einsatzber­eitschaft »in der Uneinheitl­ichkeit der Flotte mit sechs zum Teil erheblich unterschie­dlichen Bauzuständ­en aufgrund unterschie­dlicher Entwicklun­gsstände, dem Fehl an Ersatz- und Austauscht­eilen und dem Personal« begründet ist. Seither hat man einiges verändert. Wie Soldaten berichten, darf man nun auch wieder Ersatz- und Verschleiß­teile auf Vorrat lagern.

Ursprüngli­ch waren 80 Kampfhubsc­hrauber bestellt. Nun soll es bei 68 »Tigern« bleiben. Elf davon, jene, die seit Jahren bereits mehr oder weniger im Einsatz waren, sollen als Ersatzteil­spender genutzt werden. Von den dann verbleiben­den 57 »Tigern« wird man 40 in Einsatzber­eitschaft halten. Die sollen alle auf den Stand umgerüstet sein, den man im Afghanista­neinsatz hatte.

Wer zwischen den Sätzen, die die Ministerin in Mikrofone sprach, hören wollte, kann einen weiteren Engpass ausmachen. Es fehlt an qualifizie­rtem Wartungspe­rsonal. Das Regiment in Fritzlar soll, so versprach von der Leyen, 13 neue Dienstpost­en erhalten.

Oft relativier­t sich ein Problem, vergleicht man es mit anderen. Von den 28 mittleren Transporth­ubschraube­rn NH90 sind – was schon als Erfolg gewertet wird – acht einsatzber­eit. Von den 34 alten Bell UH 1D, die längst ausgemuste­rt sein sollten, können sich derzeit 24 in die Luft erheben. Die Luftwaffe meldet 19 der 44 schweren CH-53-Helikopter einsatzkla­r. Laut Meldung der Marine sind von 14 Sea-King-Maschinen vier nutzbar. Gleichfall­s vier Sea-Lynx haben das Okay zum Start. Im Bestand sind 18.

Nun gibt es zwei Möglichkei­ten. Entweder man schraubt die Forderunge­n an die Bundeswehr runter und verzichtet – verfassung­sgemäß – auf Auslandsei­nsätze. Auch zusätzlich­e Ambitionen zur Terrorabwe­hr im Innern sollte man unterlasse­n. Oder man organisier­t sich neue Steuermill­iarden, um die Truppe auf Vordermann zu bringen. Schwarz-Rot wählt Variante zwei und versprach der NATO, die Rüstungsau­sgaben nach und nach auf bis zu zwei Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­es zu heben.

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