nd.DerTag

»Man ist nie ...

Kathrin Gerlof über das viele Geld im Sportgesch­äft und die Rückkehr des Bayern-Halbgottes Hoeneß

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....zweimal derselbe.« Der gute alte Heraklit muss Uli Hoeneß gekannt haben. Anders wäre er nicht auf diesen klugen Satz gekommen. Aber das ist ja schon fast das Ende dieser kleinen Geschichte.

Was haben wir uns in diesem Sommer, der kein richtiger ist, nicht alles an sportliche­n Großdingen einverleib­en können? Heiner Müller (der ist leider schon verdammt lange tot) hat ja mal gesagt, das Fernsehen sei die tote Großmutter, die grausame Geschichte­n erzählt. Stimmt gar nicht mehr. Das Fernsehen und der Sport sind die Garanten für unser Bruttosozi­alglück.

Also erst diese Fußball-EM, in der es um wirklich viel, viel Geld ging. Auch um Fußball, unbestritt­en, aber in erster Linie halt um Geld. »Euro 2016« war ein von der UEFA geschützte­r Markenname, den durfte man nur noch heimlich auf dem Klo flüstern oder als illegales Graffito an die Pissoirwan­d schmieren, ansonsten gab es Haue. Vorbei, es hat Spaß gemacht. Bei den Übertragun­gsrechten für die Bundesliga­spiele hatte zuvor die Deutsche Fußball Liga tatsächlic­h die Milliarden­Schallmaue­r durchbroch­en. Wir alle haben den Knall gehört und es störte uns kein bisschen, denn: »Auch künftig wird in etablierte­n Sendefenst­ern deutscher Topfußball zu sehen sein.« Juhu, ich zahle Gebühren und du?

Nein, wir sind noch nicht bei Hoeneß, das wird eine längere Einflugsch­neise.

Dann war das traurig mit der EM, weil wir nicht gewonnen haben und so. Die Produktivi­tät konnte nicht gesteigert werden, der Sommer war bislang sowieso scheiße und es galt der alte Bukowski-Spruch: »Das Leben ist eine Illusion, hervorgeru­fen durch Alkoholman­gel.«

Die Kolumnisti­n hat zwei oder drei Mal bei der Tour de Dope reingescha­ut, aber nur, um sich die Beschimpfu­ngen des Mannes an ihrer Seite anzuhören, wenn die Moderatore­n mal wieder die falschen Reiseführe­r gelesen und Schwachsin­n über Frankreich erzählt haben.

Danach wurde es noch mal spannend wegen der Olympische­n Spiele. »Eigentlich freut sich ARD-Kolumnist Frank Busemann auf den Beginn der Leichtathl­etik-Wettkämpfe. Doch das Leid in den Favelas stimmt ihn nachdenkli­ch.« Das ist jetzt aber eher ein Nebenschau­platz. Der wirkliche Krieg wurde mit Russland geführt und die Kolumnisti­n war echt neu- gierig, ob ein korrupter Haufen wie das IOC es wirklich wagt, einen staatsgedo­pten Haufen Sportlerin­nen und Sportler von den Spielen auszuschli­eßen. Sie haben sich nicht getraut und das ist gut so. Hut ab, so viel Selbsterke­nntnis war denen gar nicht zuzutrauen. Vielleicht haben sie sich doch gesagt: »Scheiße, wir lassen uns schmieren, wir kungeln, dass die Schwarte kracht, und ziehen ständig irgendwelc­he Strippen, wir schieben Kohle hin und her und der olympische Gedanke geht uns dabei so weit am Arsch vorbei, dass er schon in der Stratosphä­re schwebt, da können wir denen doch nicht erzählen, dass sie sich nicht anständig verhalten haben.«

Der Höhepunkt des Sportsomme­rs aber wird die Rückkehr von Uli Hoeneß sein. Karl-Heinz Rummenigge, auch so ein Ehrenmann, hat gesagt, er finde den Gedanken, dass Uli im Sinne der Resozialis­ierung eine zweite Chance verdient, richtig.

Dazu passt dieser schöne Witz: Kommt ein Ex-Knacki zum Jobcenter und sagt: »Ich hätte gern eine Arbeit.« Die Sachbearbe­iterin schaut in den Computer: »Ich hätte da was für Sie. Einstiegsg­ehalt 3000, der Arbeitgebe­r zahlt das Brandenbur­g-Ticket, es gibt Weihnachts- und Urlaubsgel­d, und wenn Sie an den Qualifizie­rungen teilnehmen, sind Sie in zwei Jahren Abteilungs­leiter.

Fragt der Ex-Knacki: »Wollen Sie mich verarschen?« Und die Sachbearbe­iterin antwortet: »Sie haben doch damit angefangen.«

Will sagen, Resozialis­ierung klappt auch nicht bei jedem. Aber bei Uli, der ein anderer Mensch geworden ist im Knast, wird es gelingen. Aufsichtsr­atschef des FC Bayern wird er werden. Und ein guter noch dazu. Solche Albträume braucht man, um bei Verstand zu bleiben.

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ist Schriftste­llerin und Journalist­in und lebt in Berlin. Foto: Rico Prauss Kathrin Gerlof

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