nd.DerTag

Sei gefälligst stolz auf dein Land

Robert D. Meyer über die Kritik an einem tänzelnden Christoph Harting

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Es gibt Sportler, die stehen wie zur Säule erstarrt auf dem Siegerpode­st, weil sie ihren Erfolg kaum glauben können. Dann gibt es Athleten, die mit Hand auf der Brust voller Inbrunst der Nationalhy­mne lauschen oder diese sogar anstimmen. Und es gibt: Christoph Harting.

Nun wird sich der Diskuswerf­er im Moment seines Erfolgs gewiss kaum Gedanken gemacht haben, wie sein Auftritt auf andere wirkt. Das muss er auch nicht, denn dieser Moment des Triumphs gehört ihm, in zweiter Linie seinem Team, aber mit Sicherheit keiner Nation. Es mutet anno 2016 befremdlic­h an, wenn hierzuland­e Kommentato­ren Schnappatm­ung bekommen, nur weil sich ein Sportler nicht einer Zeremonie unterwirft, die eine individuel­le sportliche Leistung in ein nationales Projekt umzudeuten versucht. Gerade in autoritäre­n Staaten wird mit genau dieser Aufladung Politik betrieben, wo Leistungen »für die Nation« erbracht werden. Dafür, dass die Spiele und der Sport unpolitisc­h sein sollen, wird viel Wind um das Verhalten einer Person gemacht, die sich der Ehrfurcht vor Nationalfl­agge und Hymne verweigert. Egal aus welchen Gründen.

Doch (nicht nur) hierzuland­e sollte man sich angesichts der Geschichte hüten, auch nur den Stallgeruc­h von Bekenntnis­zwängen aufkommen zu lassen. Doch die Stimmung kippt bereits in eine ganz andere Richtung.

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