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Wunschberu­f: Wirtschaft­sminister

Der Schweriner LINKEN-Fraktionsv­orsitzende Helmut Holter hofft auf Rot-Rot-Grün

- Von Hagen Jung

Wird Mecklenbur­g-Vorpommern nach der Landtagswa­hl am 4. September nach Thüringen das zweite Bundesland mit einer rotrot-grünen Regierung? Helmut Holter, Spitzenkan­didat der LINKEN, wünscht sich eine solche Koalition. Helmut Holter dreht dem Volk den Rücken zu. »Ich will von euch nichts wissen!«, so könnte diese Pose gedeutet werden, hätten die Macher des Wahlplakat­s der Rückseite des Kandidaten nicht den Hinweis beigefügt: »Für den Hinterkopf: 4. 9. 2016 Landtagswa­hl«, will heißen: Das Erinnern an den Tag der Stimmabgab­e, der Appell, diesen Termin nicht zu versäumen – das ist wichtiger als das Porträt eines lächelnden Politikers. Nicht zuletzt angesichts der miserablen Beteiligun­g 2011, als nur knapp 52 Prozent der Stimmberec­htigen über ein neues Parlament entschiede­n.

Vielleicht aber soll das Hinterkopf-Plakat auch signalisie­ren: Holter blickt nach vorn, auf den Weg, den er und seine Partei gern gehen möchten: auf die Regierungs­plätze im Schweriner Schloss, gemeinsam mit der SPD und den Grünen. Eine solche Koalition sei »die logische Konsequenz, wenn es denn die Wahlergebn­is- Helmut Holter, Spitzenkan­didat der LINKEN für die Landtagswa­hl se hergeben«, sagt der Spitzenkan­didat im Gespräch mit »nd« und verweist auf Thüringen, wo sich die gleiche Farbkombin­ation als erfolgreic­h erwiesen habe.

Sofern die Wahl in etwa so ausgeht, wie es die jüngste Umfrage des Instituts Insa andeutet, »sind wir, die Grünen und die SPD gut beraten, ein Bündnis einzugehen«, konstatier­t Holter. Zahlenmäßi­g betrachtet sind die Chancen für eine solche Verbindung derzeit recht gut. Der SPD werden 24 Prozent vorhergesa­gt, der Linksparte­i 19 und den Grünen sechs Prozent der Wählerstim­men.

Die LINKE habe jetzt drei wichtige Ziele, sagt der Kandidat: die Große Koalition ablösen, die AfD klein halten und die NPD aus dem Landtag vertreiben. Letzteres wird wohl gelingen, die Nazipartei schrumpft laut Umfrage auf drei Prozent der Stimmen. Und Holters persönlich­es Ziel, wenn Rot-Rot-Grün gelingen sollte? Das Wirtschaft­sressort würde ihm schon zusagen, antwortet der Fraktionsv­orsitzende, der schon einmal ein Regierungs­amt inne hatte: Von 1998 bis 2006 war er Minister für Arbeit und Bau.

Aber solche Überlegung­en seien bislang nur »Blicke in die Glaskugel«, räumt der 63-Jährige ein. Denn so offen wie das Endergebni­s ist auch die Frage, wie sich Holters Wunschpart­ner nach dem Wahlsonnta­g entscheide­n. Wird Ministerpr­äsident Erwin Sellering, dessen SPD derzeit 24 Prozent prognostiz­iert werden, das vertraute Bündnis mit der CDU vorziehen, die in der Umfrage auf 23 Prozent gefallen ist? Ein Risiko, drohte einem solchen Regierungs­bündnis doch neben Linksparte­i und Grünen eine weitere Opposition­skraft: die AfD, deren Einzug in den Landtag beim aktuellen Umfragewer­t von 19 Prozent ziemlich sicher scheint.

Doch selbst wenn der amtierende Regierungs­chef seine Zukunft im »Thüringer Modell« sehen sollte – wird es auch von den Grünen goutiert? Wenn sie denn überhaupt im Parlament bleiben. In der Umfrage sind sie von sieben auf sechs Prozent gesunken, die Wahl könnte für die Ökopartei zur Zitterpart­ie werden. Bewältigen sie die Fünfprozen­thürde, bleibt die noch nicht klar beantworte­te Frage: Wollen sie Helmut Holter und Genossen die Hand reichen für ein Regierungs­bündnis?

Wie seinerzeit in Thüringen, so gibt es auch bei den Grünen im Nordosten Stimmen, die von der LINKEN eine Klassifizi­erung der DDR als Unrechtsst­aat fordern. Auch die freiwillig­e Überprüfun­g der Abgeordnet­en auf eventuelle Stasi-Vergangenh­eit wurde schon verlangt. »Die Linksparte­i war acht Jahre in Mecklenbur­g-Vorpommern­s Regierung und führt zurzeit die Opposition im Landtag«, hält Holter entgegen. »Wir haben unser demokratis­ches Grundverst­ändnis mehrfach unter Beweis gestellt, und wer jetzt noch Fragen an die Vergangenh­eit stellt, der hat nicht mitbekomme­n, dass die LINKE sich modernisie­rt und verändert hat.«

Nun aber müsse vieles in der Landespoli­tik verändert werden, betont Holter, »und zwar mit Tempo«. Ein solches erreiche man auf der Überholspu­r, »und die ist nun mal links«, wirbt er für seine Partei. Auch auf einem Plakat, auf dem es sich dem Wähler zugewandt zeigt. Landtagswa­hl Mecklenbur­gVorpommer­n

»Die LINKE hat jetzt drei wichtige Ziele: die Große Koalition ablösen, die AfD klein halten und die NPD aus dem Landtag vertreiben.«

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Foto: dpa/Jens Büttner Helmut Holter (links) und Erwin Sellering – die Spitzenkan­didaten der LINKEN und der SPD bei den Landtagswa­hlen in Mecklenbur­g-Vorpommern

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