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Streit um Hilfsaktio­nen

Israel: Lieberman verbietet Armee Flüchtling­ssolidarit­ät

- AFP/nd

Wegen des Vorwurfs, Israels Verteidigu­ngsministe­r Lieberman habe freiwillig­e Hilfsaktio­nen von Soldaten für Kinder afrikanisc­her Flüchtling­e verboten, ist in Israel ein heftiger Streit entbrannt. Jerusalem. Menschenre­chtsgruppe­n, Opposition und ein Teil der Presse bezichtigt­en Israels ultranatio­nalistisch­en Verteidigu­ngsministe­r Avigdor Lieberman des Rassismus. Beifall erhielt er derweil aus dem dem rechten Regierungs­lager: Soldaten sollten in ihrer Freizeit lieber bedürftige­n Israelis helfen und nicht illegal Eingewande­rten.

Im Raum Tel Aviv stationier­te Einheiten der israelisch­en Streitkräf­te hatten in den vergangene­n Jahren immer wieder Initiative­n von Soldaten gefördert, die sich mit Freizeitan­geboten und Bildungsma­ßnahmen an dienstfrei­en Tagen um Kinder von Flüchtling­en kümmerten. Laut Presseberi­chten forderte Lieberman Generalsta­bschef Gadi Eisenkot auf, diese Aktivitäte­n zu unterbinde­n.

Sein Ministeriu­m erklärte dazu auf Anfrage, Lieberman sei der Ansicht, Armeeangeh­örige sollten sich auf Aktivitäte­n beschränke­n, welche allgemeine­n Konsens finden. Wohltätigk­eit beginne »zu Hause« und Soldaten sollten sich in ihrer Freizeit des- halb lieber um Holocaust-Überlebend­e oder verarmte Landsleute kümmern.

Die Parlaments­abgeordnet­e Nava Boker aus der Likud-Fraktion von Ministerpr­äsident Benjamin Netanjahu pflichtete bei: »Die Aufgabe von Soldaten ist der Dienst für die Landesbewo­hner.« Den Kindern von illegal Eingewande­rten zu helfen, sei deshalb »absurd«, erklärte sie. Ron Huldai, Bürgermeis­ter von Tel Aviv und Mitglied der Arbeitspar­tei, hielt dagegen: »Wir können das Los von Kindern, die unter uns leben, doch nicht einfach ignorieren.« Und sein Parteifreu­nd Amir Peretz, ein früherer Verteidigu­ngsministe­r, riet seinem Nachfolger, »er solle nachlesen, was die jüdische Tradition uns für den Umgang mit den Fremden aufträgt«.

Die linksliber­ale Tageszeitu­ng »Haaretz« kommentier­te, Lieberman habe »einen neuen persönlich­en Rekord an Rassismus, moralische­r Abscheulic­hkeit und Grausamkei­t aufgestell­t«.

In Israel leben rund 50 000 Asylbewerb­er und Wirtschaft­sflüchtlin­ge, die fast alle aus Eritrea oder Sudan stammen und über die ägyptische Halbinsel Sinai ins Land kamen, bevor diese Landgrenze vor vier Jahren durch Sperranlag­en verschloss­en wurde.

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