Wenn Vater und Kind auf Kurreise gehen
Lange richteten sich Kurkliniken nur auf Mamas mit Kind ein, die klassische Mutter-Kind-Kur brauchen aber immer öfter Väter. Im bayerischen Bad Wörishofen hat man das verstanden.
Als Mario Weinrich merkte, dass ihm die Belastung als Ehemann, Vater und Vollzeit-Berufstätiger zunehmend auf die Gesundheit schlug, war erst einmal Warten angesagt. In einer Vater-Kind-Kur wollten er und sein an Asthma erkrankter Sohn Leonard sich erholen. Doch auch wenn die Nachfrage wächst: Das Thema VaterKind-Kur wird noch stiefmütterlich behandelt.
»Das Angebot ist sehr übersichtlich. Gepaart mit dem recht langen Antragsverfahren ist es ziemlich schwer, einen Kurplatz zu bekommen«, sagt Weinrich. Durch die krankheitsbedingten Fehltage seines Sohnes in der Schule war der 44-Jährige zudem auf die Ferienzeit angewiesen. Nach vielen Anträgen und eingeholten Bescheiden klappte es letztlich: Der Justizwachtmeister aus Berlin konnte mit seinem elf Jahre alten Sohn eine Vater-Kind-Kur im bayerischen Bad Wörishofen antreten.
Dank Wechselfußbädern, Laufen auf Barfußpfaden, Gesprächen mit Therapeuten und anderen Vätern oder einfach beim Tischkickern und Tischtennis konnten die beiden richtig ausspannen – und gleichzeitig ihre im Alltag etwas zu kurz gekommene Beziehung stärken. Doch der Papa aus Berlin weiß: Nicht jeder Vater kennt die Möglichkeit von Vater-Kind-Kuren. Ihn machte sein Hausarzt darauf aufmerksam. Und dann braucht es noch die Unterstützung des Chefs.
Die Männer, sagt Thomas Hilzensauer vom Bad Wörishofer Familien-Kind-Haus, würden vom Chef und Bekannten zwar nicht mehr so schräg angeschaut wie noch vor ein paar Jahren, wenn sie eine Kur antreten wollen. »Aber wir sind noch nicht am Ziel«, betont er. In Hilzensauers Haus gibt es 16 Kuren pro Jahr, drei davon speziell für Väter. Das Angebot soll bald aufgestockt werden, denn die Nachfrage steigt, berichtet der Sozialpädagoge. Auch in den Einrichtungen des Müttergenesungswerks (MGW) ist die Zahl der Männer im vergangenen Jahr um knapp ein Viertel auf 1500 gestiegen.
Angebote für Väter sind beim MGW erst seit einigen Jahren fester Bestandteil des Programms. 16 der 76 Einrichtungen bieten mittlerweile spezielle Vater-Kind-Kuren. Diese werden gezielt bei Ärzten und Vätern bekannt gemacht. Denn es nehmen immer noch deutlich weniger Väter Kuren in Anspruch als Mütter: Deren Zahl lag 2015 bei knapp 49 000, Väter machen drei Prozent in den MGWEinrichtungen aus.
Dennoch sind die Männer inzwischen fester Bestandteil in der Arbeit des MGW, wenn auch nicht im Titel: Als Stiftung, die 1950 die damalige Bundespräsidentengattin Elly Heuss-Knapp gründete, kann das MGW den Namen nicht so einfach ändern.
»Uns war ganz wichtig, dass wir nun auch etwas Väterspezifisches anbieten«, sagt MGW-Geschäftsführerin Anne Schilling. Es soll kein Vater mit 50 Müttern im Stuhlkreis sitzen müssen, um seine Probleme zu besprechen. »Die Männer müssen spiegeln können, was ihre Themen mit der VaterRolle und dem Mann sein zu tun haben«, sagt sie.
Im weitesten Sinne seien die Symptome und Belastungen bei Müttern und Vätern zwar ähnlich. Doch: »Die Kliniken sagen uns ganz klar: Bei Müttern läuft die psychosoziale Therapie eher über das Gespräch, bei Vätern eher über die Aktivität«, sagt Schilling. Papas brauchen weniger Meditation zum Runterkommen, dafür mehr Sportangebote.