Wenn Hans Meißner seinen Bus in die Elbe karrt
Ein Schlepperkapitän aus Mecklenburg fährt Touristen durch Hamburg – auf Straßen und auf dem Wasser
Auf Hamburgs Straßen ist er Busfahrer, auf der Elbe Kapitän: Hans Meißner fährt den Hafencity-Riverbus. Das Amphibienfahrzeug kombiniert Stadt- und Hafenrundfahrt. Auf der Fahrt durch Hamburgs Straßen vorbei an zahlreichen Sehenswürdigkeiten ist der Hafencity-Riverbus noch ein ganz normaler Touristen-Bus. Doch wenn Fahrer Hans Meißner an einer Rampe auf der Halbinsel Entenwerder stoppt, verwandelt sich der Bus innerhalb kürzester Zeit in ein Schiff.
Meißner kommt aus Pepelow im Westen des Landkreises Rostock in Mecklenburg-Vorpommern. »Es geht los«, sagt der 65-Jährige und schließt sein Fenster. Er drückt mehrere Schalter und Knöpfe, startet so die Steuerung und die beiden Schiffsmotoren. Der Riverbus schiebt sich immer weiter in die Elbe. Meißner wird nun vom Busfahrer zum Kapitän. Das Wasser spritzt hoch, die riesigen Scheibenwischer gehen an. Staunend halten die Passagiere diesen Moment mit ihren Handys und Fotoapparaten fest. Bei Sonnenschein geht es mit dem schwimmenden Bus elbaufwärts. Ein Sportboot fährt vorbei, die Passagiere an Bord grüßen winkend »das Schiff, das auch an Land fahren kann« – so nennt Tourbegleiter Florian Gude den Riverbus. Er sorgt am Mikrofon mit Infos und Späßen für Unterhaltung an Bord. Kapitän Meißner hat das alles schon sehr oft gehört, kann aber gut abschalten. »Ich konzentriere mich auf etwas ganz anderes«, sagt der grauhaarige, schlanke Mann mit der gebräunten Haut.
Meißner ist einer von drei Fahrern bei der Hafencity Riverbus GmbH, die seit vier Monaten die ungewöhnlichen Touren an Land und zu Wasser anbietet. Schwimmbusse gibt es auch in anderen europäischen Städten, zum Beispiel in Budapest, Lissabon und Rotterdam. Das Hamburger Modell, das voll beladen 19 Tonnen wiegt, wurde in Budapest gebaut.
Eigentlich ist Meißner Schlepperkapitän, in diesem Beruf arbeitet er 14 Tage im Monat. In seinen freien Wochen hilft er als Riverbus-Fahrer in Hamburg aus. Die Idee, Fahrer des Amphibienfahrzeuges zu werden, reizte ihn gleich. »Ich bin ein Mensch, der gerne mal was Neues macht«, sagt Meißner. Den Busführerschein hat er seit 1985: Zu DDR-Zeiten war sein damaliger Arbeitgeber, die Bagger-, Bugsier- und Bergungsreederei (BBB) Rostock, auch auf Kuba tätig. Mehr als drei Jahre lang fuhr Meißner dort Bus. »Ich bin durch ganz Kuba gekommen«, erinnert er sich.
Mit etwa fünf Knoten – knapp 9,3 Kilometer pro Stunde – gleitet das Bus-Schiff auf der Elbe, maximal schafft es sieben Knoten (etwa 13 Kilometer pro Stunde). Mit der rechten Hand hält Meißner das Lenkrad, mit der linken navigiert er mit Hilfe von zwei Joysticks. Bis Windstärke 6 hat der Riverbus eine Betriebser- laubnis. Immer wieder muss Meißner aufspritzendes Wasser mit den großen Scheibenwischern beseitigen. In seiner Nähe hängt eine Schiffsglocke, die ist im Schwimmbus vorgeschrieben.
Meißner muss seinen Zeitplan im Blick behalten, gut 70 Minuten dauert die Stadtkreuzfahrt insgesamt. Es geht zurück zur Rampe nach Entenwerder – der schwierigste Moment. »Die Rampe ist quer zur Strömung«, erklärt Meißner. »Da muss man schon sehr doll aufpassen, da erhöhe ich den Schub der Schiffsmaschinen.« Der Übergang klappt reibungslos, der Bus hat wieder festen Boden unter den Räder, rollt zurück zum Ausgangspunkt nahe der Speicherstadt.
Dort angekommen gibt es großen Applaus der Fahrgäste für Tourbegleiter Gude und Busfahrer Meißner, einige bedanken sich persönlich. Meißner mag diesen Moment. »Die Leute geben einem viel wieder«, sagt er lächelnd und steigt aus dem Bus. An der Haltestelle warten schon die nächsten Touristen. Kurze Pause für Meißner. Dann heißt es wieder »Bus ahoi«.
Mit etwa fünf Knoten – knapp 9,3 Kilometer pro Stunde – gleitet das Bus-Schiff auf der Elbe.