E-Sport fehlt die Anerkennung
Trotz wachsender Professionalisierung gelten Wettkämpfe am Computer in Deutschland nicht als offizielle Sportart
Seit Jahren kämpft der E-Sport darum, in Deutschland als Sportart rechtlich anerkannt zu werden. Doch bisher zeigt die Politik kaum Interesse. Für die wachsende Szene bedeutet dies Nachteile.
In Südkorea und Japan feiert man sie als Superstars, in den USA gibt es College-Meisterschaften und mit dem »The International« in Seattle sogar ein Profiturnier mit Millionenpreisgeldern: Wettkämpfe mit Computerspielen, der sogenannte E-Sport, sind längst ein Massenphänomen, dessen Liveübertragungen international vor einem zweistelligen Millionenpublikum stattfinden.
Obwohl sich die elektronischen Wettkämpfe auch in Deutschland einer wachsenden Beliebtheit erfreuen, hat die Szene hierzulande in der brei- ten Öffentlichkeit noch mit Akzeptanz zu kämpfen. So setzt sich der Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU) seit Jahren dafür ein, dass der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) die Wettbewerbe offiziell als Sportart anerkennt. »Wenn Deutschland hier nicht zeitnah mitzieht, droht die Gefahr, den Anschluss zu verlieren und damit großes wirtschaftliches Potenzial zu verschenken«, sagte BIU-Geschäftsführer Maximilian Schenk in der »Neuen Osnabrücker Zeitung«.
Viele andere Staaten seien beim sogenannten E-Sport bereits wesentlich weiter, sagte Schenk vor der Eröffnung der Spielemesse Gamescom. So fehlt es den virtuellen Sportlern an rechtlichen Privilegien, die der Gesetzgeber einer Sportart zuerkennt. Will etwa ein deutscher Spieler im Ausland an einem Turnier teilnehmen und benötigt dafür ein Visum, sind die damit verbundenen Modalitäten deutlich komplizierter als bei anerkannten Sportlern. Auch bei der staatlichen Förderung oder der Anerkennung der Gemeinnützigkeit von Vereinen gibt es klare Nachteile.
Doch der E-Sport beißt in der Politik auf Granit: Ein im Frühjahr vom Wissenschaftlichen Dienst des Berliner Abgeordnetenhauses im Auftrag der Piratenfraktion erstelltes Gutachten verdeutlicht das mangelnde Interesse an Unterstützung, mit dem sich die Szene konfrontiert sieht: »E-Sport ist nicht als Sport im rechtlichen Sinne anzusehen und deshalb rechtlich nicht als Sportart anerkennungsfähig«, heißt es da.
Die Frage, was als Sport gelten dürfe, schoben die Gutachter an den DOSB ab. Möchte eine Vereinigung im Verband Mitglied werden, müsse er drei Bedingungen erfüllen. Zwei davon dürften den E-Sportlern kaum schwerfallen: So müsse die Sportart »die Einhaltung ethischer Werte wie Fairplay und Chancengleichheit« sicherstellen. Auch die Anforderung, gewisse organisatorische Vorrausetzungen zu erfüllen, etwa die Durchführung professioneller Wettkämpfe, wäre für den E-Sport kein Problem.
Als Knackpunkt erweist sich dagegen jener Punkt in der Aufnahmeordnung, wonach die Ausübung einer Sportart eine »eigene, sportartbestimmende motorische Aktivität« haben muss. Was damit gemeint ist, drückte der Direktor des Landessportbundes Berlin, Heiner Brandi, am Montag in einem Kommentar aus, der eine gewisse Voreingenommenheit erahnen ließ: »Der Spieler bewegt bestenfalls die Tastatur, ein Gamepad oder einen Joystick«, raunte er in einem Gastbeitrag auf der Plattform Xing.com. Dabei zeigen Erkenntnisse aus der Wissenschaft, dass der E-Sport den Vergleich mit anerkannten Sportarten nicht scheuen muss. So kommen Untersuchungen an der Deutschen Sporthochschule zum Ergebnis: E-Sportler sind bei Wettkämpfen ähnlich hohen Belastungen ausgesetzt wie im Vergleich etwa Bogenschützen.
So steige in der Hochphase eines Turniers der Puls eines Spielers mit 160 bis 180 Schlägen pro Minute auf das Niveau eines Marathonläufers. Um diesem Stress standzuhalten, trainieren Profis längst nicht mehr nur vor dem Bildschirm, sondern auch ihre Kondition im Kraftraum an echten Geräten. Auch die gesunde Ernährung gewinnt zunehmend an Bedeutung. Warum das nötig ist, zeigen Turniere, die oft viele Stunden dauern und körperliche wie geistige Fitness verlangen. Mit dem Bild des übergewichtigen Nerds vor dem Computer hat der E-Sport nicht viel zu tun.