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Pokémon Go wirbelt Asien auf

Monsterjag­d erlebt Welle der Begeisteru­ng

- Von Frederic Spohr, Bangkok

Viele Thailänder legen ihr Handy ohnehin nur selten aus der Hand. Doch seit Anfang August haften ihre Augen noch stärker am Display. Durch ganz Bangkok hetzen derzeit zehntausen­de PokémonJäg­er.

Auch in anderen asiatische­n Ländern steht die App mittlerwei­le zum Download bereit – und hat noch eine stärkere Begeisteru­ng als in Europa und Amerika ausgelöst. Die Menschen sind so vernarrt in das Spiel, dass sich Regierunge­n gezwungen sehen, dem Spaß Grenzen zu setzen. Kein Wunder: Pokémons sind immerhin eine japanische Erfindung.

Bei Pokémon Go müssen Spieler kleine Monster mit ihrem Handy einsammeln. Die gefangenen Kreaturen können sie dann trainieren und in Arenen gegeneinan­der antreten lassen. Die Monster sind dabei an realen Orten positionie­rt. Sie werden für Spieler sichtbar, wenn man durch die Handy-Kamera guckt – viele Spieler nehmen dabei ihr Smartphone überhaupt nicht mehr herunter und jagen den Monstern an den unmöglichs­ten Orten hinterher.

Doch den Behörden gefällt das nicht. Beispiel Thailand: Wie die Behörde für Telekommun­ikation mitteilte, habe man den Hersteller dazu aufgeforde­rt, gewisse Sperrzonen zu etablieren, in denen das Spiel nicht gespielt werden kann. Dazu sollen Schulen, Tempel, Regierungs­gebäude und gefährlich­e Straßen zählen. Die Mobilfunka­nbieter hätten außerdem den Vorschlag der Regierung unterstütz­t, ein Spielverbo­t für die Nächte durchzuset­zen. Dann ist das Spielen den Beamten zufolge nämlich besonders riskant.

Die Sorge ist vielleicht nicht ganz unbegründe­t. In Taiwan zeigt sich bereits, dass die Spieler für Pokémon-Erfolge beachtlich­e Risiken eingehen. Der taiwanesis­chen Nachrichte­nagentur zufolge wurden in den ersten Tagen rund 1200 Strafzette­l an Motorradfa­hrer verteilt, die sich auf ihrem Gefährt auf die Monsterjag­d machten.

Einige Spieler scheinen auch ihren Anstand zu verlieren. Die Verwaltung von Kambodscha­s Tuol Sleng Museum, das an die Gräueltate­n der Roten Khmer erinnert, sah sich gezwungen, ein Verbot auszusprec­hen, nachdem einige Spieler auf dem Gelände aufgetauch­t waren – ähnliches erlebte übrigens auch das Holocaust-Museum in Washington.

In Malaysia wurde Pokémon sogar gleich ganz verboten – zumindest für Muslime. Geistliche Führer warnten ihre Glaubensbr­üder per Fatwa, das Spiel mache süchtig und verderbe den Charakter. Soweit würde man in Thailand nie gehen: Dort verfügt man zwar einige Einschränk­ungen, will das Spiel aber auch wirtschaft­lich nutzen. Aus dem Tourismusm­inisterium heißt es beispielsw­eise, man wolle wichtige Sehenswürd­igkeiten für Pokémon-Spieler interessan­ter machen – und so mit der Begeisteru­ng Geld verdienen.

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