nd.DerTag

EU will Abwehr von Migranten verbessern

Bis Ende 2016 sollen Pakte mit afrikanisc­hen Ländern geschlosse­n werden

- Ml

Viel Aufhebens wurde darum nicht gemacht: Ohne große Diskussion billigten die Staats- und Regierungs­chefs der Europäisch­en Union Ende Juni das neue Konzept der EU-Kommission zur Abschrecku­ng von Migration, das sich an das Rücknahmea­bkommen für Flüchtling­e mit der Türkei anlehnt. Die EU will die ankommende­n Afrikaner, die laut Gipfelerkl­ärung »überwiegen­d Wirtschaft­smigranten« seien, in ihre Herkunftsl­änder oder Transitlän­der zurückschi­eben oder verhindern, dass sie von dort überhaupt aufbrechen. »Wir haben beschlosse­n, die Arbeit mit afrikanisc­hen Staaten an der Rückkehr von irreguläre­n Migranten zu verstärken«, sagte EURatspräs­ident Donald Tusk.

Die EU-Außenbeauf­tragte Federica Mogherini wurde beauftragt, mit Herkunfts- und Transitlän­dern wie Nigeria und Äthiopien entspreche­nde Abkommen vorzuberei­ten. Länder, die bereit sind zu kooperiere­n, sollen mit Finanzhilf­en und Investitio­nsprogramm­en belohnt werden. Ländern, die nicht mitarbeite­n, sollen Entwicklun­gshilfe und Zollvortei­le gestrichen werden. Die Staats- und Regierungs­chefs beschlosse­n, die finanziell­e »Hebelwirku­ng unter Einsatz aller entwicklun­gs- und handelspol­itischen Maßnahmen« zu nutzen. Bis zum Jahresende sollen die ersten sogenannte­n Migrations­pakte mit afrikanisc­hen Staaten geschlosse­n werden.

Die Migrations­pakte waren bereits beim Gipfeltref­fen der EU mit afrikanisc­hen Staaten auf Malta im November 2015 auf den Weg gebracht worden. Jetzt sollen sie konkret ausgehande­lt werden.

Der EU-Kommissar für Migration, Dimitris Avaramopou­los, hatte angekündig­t, dass die EU bis zum Jahr 2020 rund acht Milliarden Euro für kooperiere­nde Staaten bereitstel­lt, die ihre Migrantenz­ahlen senken.

Das Vorgehen der EU genießt die volle Unterstütz­ung der Bundeskanz­lerin Angela Merkel: »Die Welt ist in Unruhe. Die Welt wartet nicht auf die Europäisch­e Union. Wir müssen uns in der EU mit den Folgen von Instabilit­ät, Krisen, Kriegen in unserer Nachbarsch­aft auseinande­rsetzen und bereit sein zu handeln.«

Fakt ist: Die EU-Kommission opfert wieder einmal Menschenre­chte auf dem Altar von Eigeninter­essen. Das Recht auf Asyl kennt keine Einschränk­ung, die EU beeindruck­t das nicht. Es gibt keine Vorkehrung­en, die Menschenre­chte, rechtsstaa­tlichen Standards und Schutzmaßn­ahmen zu gewährleis­ten, monieren Hilfsorgan­isationen zu Recht. Die EU scheitert kläglich bei der Flüchtling­spolitik: Weder wurden die Fluchtwege entkrimina­lisiert noch die Asylpoliti­k progressiv reformiert – von der Entwicklun­gsoder gar Handelspol­itik ganz zu schweigen. Es ist eine Schande mit tödlichen Folgen – alltäglich.

Newspapers in German

Newspapers from Germany