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Norwegen will Abgase abschaffen

Regierung plant, ab 2025 keine neuen Diesel- und Benzin-Fahrzeuge mehr zuzulassen

- Von Sigrid Harms, Oslo dpa/nd

Die Klimaziele zu erreichen, ist für jedes Land eine Herausford­erung. Norwegen plant nun den Umstieg auf Elektromob­ilität.

Nach dem Willen der Regierung sollen ab 2025 keine neuen Autos mit Verbrennun­gsmotor mehr zugelassen werden. So soll der Ausstoß von klimaschäd­lichen Abgasen deutlich verringert werden. Das ist ein wichtiger Punkt im Nationalen Transportp­lan, der derzeit im Land heftig diskutiert wird. Der Transports­ektor ist derzeit für ein Drittel des C02-Ausstoßes in Norwegen verantwort­lich.

Auch andere Verkehrstr­äger sollen umgekrempe­lt werden: Nach 2030 sollen den Plänen zufolge alle neuen Schiffe und Fähren abgasfrei sein. Zudem soll im Flug- und im Schwerlast­verkehr mehr Biotreibst­off eingesetzt werden.

Das Land mit etwas mehr als fünf Millionen Einwohnern ist in Sachen EMobilität bereits führend. In keinem anderen Staat in Europa werden gemessen an der Bevölkerun­g so viele Elektroaut­os verkauft. 15 Prozent aller neu zugelassen­en Personenwa­gen fahren mit Strom. Und es sollen künftig noch viel mehr werden. Norwegen, dank großer Öl- und Gasvorkomm­en reich geworden, gewinnt nahezu 100 Prozent seines Stroms aus umweltfreu­ndlichen Quellen: Wasser und Wind.

Die Anschaffun­g von Elektroaut­os wird in Norwegen bereits seit Jahren massiv gefördert, mit Steuererle­ichterunge­n und Abgabenfre­iheit. Das hat den Verkauf der Stromer ordentlich angekurbel­t. Doch dem Staat sind damit geschätzt 2,3 Milliarden Kronen (243 Millionen Euro) Steuern durch die Lappen gegangen, weshalb die Regierung nun in der Zwickmühle ist. Soll sie den Wandel weiter finanziell unterstütz­en oder sind die Teslas, VWs und Nissans inzwischen auch ohne Zuschüsse attraktiv?

Das Hauptprobl­em der strombetri­ebenen Fahrzeuge ist die Batterie. Mit einem Nissan Leaf für rund 200 000 norwegisch­e Kronen (umgerechne­t rund 21 000 Euro) kommt man ungefähr 200 Kilometer weit, der Tesla Model S für rund 900 000 Kronen muss nach 500 Kilometern an die Steckdose. Und die sind nicht immer so leicht zu finden. Louise Brunborg-Næss hat damit böse Erfahrunge­n gemacht. Die 38-Jährige hat sich vor ein paar Monaten ein gebrauchte­s E-Auto gekauft und wäre fast damit stehen geblieben. »Ich war völlig verzweifel­t«, erzählt die dreifache Mutter.

Mit Glück erreichte sie doch noch eine andere Ladestatio­n. Doch seitdem hat sie »rekkevidea­ngst«, Reichweite­nangst. Ihr Elektroaut­o nimmt sie nun fast nur zum Einkaufen und wenn die Söhne zum Fußballtra­ining gebracht werden müssen. Längere Fahrten unternimmt die Familie im Zweitwagen, einem Diesel.

»Ich glaube nicht, dass Elektroaut­os die Zukunft sind«, sagt der Autoverkäu­fer Hans-Petter Kleven. Der Volvo-Fachmann schätzt eher, dass Hybridauto­s und Wasserstof­ffahr- zeuge sich auf Dauer durchsetze­n werden. »Man muss einfach zu viel planen mit einem Elektroaut­o. Das ist einfach nicht praktisch.« Auch Nils Sødal vom Automobilc­lub NAF meint, bevor Norwegen die Autos mit Verbrennun­gsmotor verbannt, müsse noch einiges geschehen. »Es müssen noch mehr Ladestatio­nen gebaut werden, vor allem für Wasserstof­ffahrzeuge«, so der Lobbyist.

Für die gebe es bislang kaum Tankstelle­n. Außerdem müssten die Batterien der Stromer besser werden und größere Reichweite­n zulassen. »Doch da bewegt sich was«, ist Sødal sicher. Die Batterien würden immer leistungsf­ähiger. Nissan kündigte im Herbst an, die nächste Generation Leaf werde eine Reichweite von 500 Kilometern haben.

Eine wichtige Voraussetz­ung dafür, dass die Umstellung auf umweltfreu­ndliche Fahrzeuge gelingt, ist aber nach Ansicht des Verkehrsex­perten, dass die steuerlich­en Vorteile für Elektroaut­os bestehen bleiben. Dass dem Staat damit hohe Einnahmen verloren gehen, müsse man einfach akzeptiere­n.

Auch im Nationalen Transportp­lan wird empfohlen, dass Fahrzeuge mit geringen oder keinen Abgasen steuerlich gefördert werden. Doch die Regierung aus Konservati­ven und Liberalen plant bereits den Ausstieg. »Die vier nichtsozia­listischen Parteien sind sich einig, dass die Steuervort­eile für Null-Emissionsf­ahrzeuge nach 2017 schrittwei­se zurückgeno­mmen werden«, sagt Nikolai Astrup, der Leiter des Transportk­omitees im Parlament.

Angedacht sei, die Kraftfahrz­eugsteuer ab dem Jahr 2018 wieder einzuführe­n und die Befreiung von der Mehrwertst­euer durch einen einmaligen Zuschuss zu ersetzen, der nach und nach reduziert wird. Die Freie Fahrt auf den Busspuren ist in einigen Städten bereits jetzt eingeschrä­nkt.

Ob Elektroaut­os weiter kostenlos parken können, sollen die Kommunen selbst entscheide­n können. Im Frühjahr nächsten Jahres soll der Plan ins Parlament eingebrach­t werden.

»Es müssen noch mehr Ladestatio­nen gebaut werden, vor allem für Wasserstof­ffahrzeuge.« Nils Sødal vom Autoclub NAF

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Foto: iStock/clu Ende der Spazierfah­rt mit dem herkömmlic­hen Auto: Norwegen setzt auf E-Mobilität.

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