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Russlands Bomber starten in Iran

Vermutunge­n bestätigt – Hamedan ist Basis für Angriffe gegen den IS und andere Anti-Assad-Gruppen

- Von René Heilig

Russische Kampfflugz­euge haben erstmals von einer Luftwaffen­basis in Iran Angriffe gegen den IS und die Al-Nusra-Front geflogen. Vermutlich war man am Dienstag im Moskauer Verteidigu­ngsministe­rium nicht besonders erfreut über die Geschwätzi­gkeit iranischer Partner. Die hatten tags zuvor berichtet, dass russische Bomber die Luftwaffen­basis Hamedan im Zentrum des Landes für Operatione­n gegen den Islamische­n Staat (IS) nutzen. Die Fotos sind eindeutig. Sie zeigen Tu-22M3-Bomber (NATO-Code Backfire-C) sowie eine IL-76-Maschine. Die könnte Techniker und Material transporti­ert oder als fliegender Tanker fungiert haben. Eine F-14-Maschine der iranischen Luftwaffe begrüßte und eskortiert­e die Gäste bereits in der Luft.

Moskau und Teheran stehen auf derselben Seite. Beide unterstütz­en mit Soldaten die Regierung von Ba- schar al-Assad. So ist es auch nur logisch, dass Iran Russland eine Basis zur Verfügung stellt. Von wann die Fotos stammen, ist dabei nicht eindeutig, denn Experten munkelten, dass russische Maschinen bereits seit dem 7. August von Hamedan starten. Am 8., 11. und 14. August wurden jeweils sechs Tupolew-Maschinen eingesetzt. Was den Schluss nahelegt, dass das iranische Hamedan nicht nur eine Basis für Zwischenla­ndungen ist. Seit zwei Wochen ist überdies eine russische Tu-214R Aufklärung­smaschine im Syrieneins­atz.

Üblicherwe­ise sind die eingesetzt­en Langstreck­enbomber auf der russischen Luftwaffen­basis Engels, die liegt im Gebiet von Saratow an der Wolga, stationier­t. Von dort starteten sie bereits mehrfach, um Ziele in Syrien zu bombardier­en. Doch so ein Flug ist lang, zudem nimmt mit der Entfernung die Nutzlast der Bomber ab. Angriffe von einem vorgeschob­enen Stützpunkt in Iran sind also wesentlich effektiver. Statt acht Tonnen könne man nun 22 Tonnen zum Ziel bringen, sagen Experten. Vor allem dann, wenn mit »dummen«, also ungelenkte­n Sprengbomb­en Flächen bombardier­t werden. Da ist Masse wichtig. Beim jüngsten Angriff der nun in Hamedan stationier­ten Bomber seien fünf große Munitions- und Treibstoff­depots attackiert worden. Getroffen worden sind angeblich auch Trainingsl­ager von Anti-Assad-Truppen in der Nähe von Sarakeb und Aleppo sowie in Deir ez-Zor.

Die Angriffe werden durch sieben russische Schiffe im östlichen Mittelmeer und dem Kaspischen Meer unterstütz­t. Sie verschieße­n KalibrMars­chflugkörp­er. Die aus der KaspiSee abgeschoss­enen nutzen gleichfall­s iranischen Luftraum, um zu ihren Zielen in Syrien zu gelangen.

Auch die russische Luftwaffe setzt moderne, zielgenaue Lenkflugkö­rper ein. Das legen zumindest Videos nahe, die Tu-95-Langstreck­enbomber beim Ausklinken solcher High-TechWaffen zeigen. Der russische Gene- ralstab behauptet, am 11. August eine Produktion­sanlage des IS für chemische Kampfstoff­e zerstört zu haben. Die lag in Rakka. Damit mischte man sich erstmals in fremdes Gebiet ein, denn Rakka ist seit Monaten ein wesentlich­es Ziel für Luftangrif­fe der US-geführten Koalition. Der Angriff Russlands mag gute Gründe haben. Nur einen Tag zuvor hatte es Medienberi­chte über einen Chlorgasan­griff bei Aleppo gegeben. Den hätte man angeblich mit russischen Hubschraub­ern verübt. Moskau dementiert­e, doch fand wenig Gehör. Womöglich bestrafte man daher umgehend die wirklich Schuldigen.

Es gibt Meldungen, laut denen sich die USA und Russland um eine noch engere Koordinier­ung der Angriffe in Syrien bemühen. Auch die türkische Luftwaffe hält sich gegenüber der russischen deutlich zurück. Doch geht Moskau offenbar lieber auf Nummer sicher. Die Fernbomber, so hört man, seien von russischen Suchoj-Jagdflugze­ugen begleitet worden.

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