Eine Chance für das Leben danach
Vereinbarung soll Integration von ehemaligen Strafgefangenen in Arbeitsmarkt erleichtern
Um die Rückfallquote von entlassenen Strafgefangenen zu senken, will das Land ihnen der Weg in ein normales Arbeitsleben erleichtern. Das vereinbarten Justizministerium und Bundesarbeitsagentur.
Das brandenburgische Justizministerium und die regionale Arbeitsagentur werden künftig bei der Reintegration von aus dem Strafvollzug Entlassenen enger zusammenarbeiten. Eine entsprechende Vereinbarung haben am Dienstag in Potsdam Justizminister Stefan Ludwig (LINKE) und die Vorsitzende der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit (BfA), Jutta Cord, unterzeichnet. Sie sieht eine »Zusammenarbeit bei der Eingliederung von Inhaftierten und Haftentlassenen in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt« vor. Schon lange vor dem Entlassungstermin sollen die Kandidaten in Beratungsgesprächen auf ihre Entwicklungsmöglichkeiten aufmerksam gemacht werden.
Ludwig zufolge werden schon während der Haft zumindest beruflich Türen geöffnet, weil viele Strafgefangene erstmals in ihrem Leben sich einer Berufsausbildung stellen würden. Fortan bekäme so auch ihr Tageablauf eine Struktur. Dies seien bessere Voraussetzungen dafür, »nach der Entlassung nicht wieder rückfällig zu werden«. Bislang ist der Anteil der erneut straffällig Werden- den ungebrochen hoch. Rund 60 Prozent der heute zu Haftstrafen Verurteilten haben in der Vergangenheit schon eine Strafe verbüßen müssen.
Die BfA-Regionalchefin bestätigte, dass der deutliche Rückgang der allgemeinen Arbeitslosigkeit in Brandenburg auf rund 100 000 (7,7 Prozent) günstige Voraussetzungen für das gemeinsame Vorhaben bietet, das jetzt auch die Kapazitäten frei werden, um sich stärker den Haftentlassene widmen zu können. Die Unternehmen würden heute Arbeitskräfte suchen und sich nicht schlicht verweigern, wenn es gelte, einstige Strafgefangene aufzunehmen. Wichtig seien nicht allein Ausbildung und Vermittlung, sondern auch die Betreuung. Es käme darauf an, dass nicht gleich beim ersten Hindernis das Handtuch geworfen wird. In brandenburgischen Gefängnissen können die Insassen eine Berufsausbildung als Gebäudereiniger oder für den Gastronomiebereich absolvieren. Im Bildungsangebot findet sich neben vielen Berufen des Baugewerbes auch der »Küchenhelfer«. Daneben laufen Qualifizierungen am Computer. Auch für die »Schwachen«, stünden Angebote bereit, sagte Vorsitzende Cord. Sie würden nach Abschluss der Ausbildung imstande sein, auf dem Arbeitsmarkt »als ungelernte Fachkraft zu bestehen«.
Vor anderthalb Jahrzehnten war das Land in seiner Gefängnisplanung davon ausgegangen, dass permanent 2500 Haftplätze belegt werden würden. Laut Minister Ludwig sind es heute rund 1300, von denen auch noch ein Teil für relativ kurze Zeit von Delinquenten belegt ist, die Ersatzfreiheitsstrafen abzusitzen haben. Das erlaube jedoch, sich stärker auf die einzelnen Fälle zu konzentrieren. Offenbar mit Erfolg. Unter den Jahrgangsbesten in der Handwerksausbildung hätten sich auch schon ehemalige Strafgefangene befunden.
Einer von Ludwigs Vorgängern im Amt, der heutige LINKE-Landtagsabgeordnete Volkmar Schöneburg, schrieb einmal, dass es zu DDR-Zeiten Möglichkeiten der Wiedereingliederung und Betreuung ehemaliger Strafgefangener gegeben habe, »von denen wir heute nicht einmal zu träumen wagen«. Bis Ende der 1990er Jahre bestand auch in den Gefängnissen Brandenburgs Arbeitspflicht. Ludwig wies darauf hin, dass dies inzwischen nicht mehr gelte, habe aber an der Beschäftigungsquote von rund 60 Prozent nichts geändert. Andererseits wurde Strafgefangenen in der DDR die Gefängnisarbeit aber als Lebensarbeitszeit bei der Rentenberechnung anerkannt. Eine solche Regelung kennt das heutige deutsche Sozialrecht nicht. Dazu erklärte Ludwig, dass die Justizministerkonferenz der Länder dazu der Politik eine Stellungnahme vorgelegt habe. Das auch mit Blick darauf, dass eine Gleichbehandlung mit Freigängern erfolgen sollte, die außerhalb der Gefängnismauern einer beruflichen Tätigkeit nachgehen und sozialversichert seien. »Ein Echo darauf gab es noch nicht.«