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Wer nicht aufisst, der zahlt extra

Stuttgarte­r Gastwirt will Verschwend­ung eindämmen

- Von Antonia Lange, Stuttgart dpa/nd

»Iss deinen Teller leer, dann gibt es morgen gutes Wetter.« Diesen Satz hat wohl jeder schon einmal gehört oder sogar selbst beherzigt. Ein Gastronom aus Stuttgart will seine Gäste ebenfalls zum Aufessen bewegen. Er stellt bei Essensrest­en aber nicht etwa schlechtes Wetter in Aussicht – sondern eine Geldstrafe. Wer bei seinem Angebot namens »Taste 120« Reste übrig lässt, muss einen Euro Gebühr zahlen. Guoyu Luan will damit die Verschwend­ung von Lebensmitt­eln eindämmen – und ist in der Branche längst nicht der einzige.

»Mehrere Gastronome­n machen sich Gedanken darüber, wie sie Lebensmitt­elverschwe­ndung reduzieren können«, sagt Stefanie Heckel vom Hotel- und Gaststätte­nverband Dehoga. Eine Gebühr auf Essensrest­e sei vor allem in Asien-Restaurant­s, zu denen auch das »Yuoki« in Stuttgart gehört, zu beobachten. Der Grund ist einfach: Gerade dort gibt es das klassische »All you can eat«-Buffet.

Auch der 40-jährige Guoyu Luan hat mit »Taste 120« ein »All you can eat«-Angebot, was ihm schon einen Bericht im »Stern« einbrachte. Das sieht so aus: 120 Minuten lang dürfen Gäste so viel essen wie sie wollen. Ein Buffet gibt es nicht: Geordert wird über ein iPad, samt Bedienung am Tisch. Bei jeder Bestellung sind fünf Gerichte pro Gast erlaubt. Ordert der jedoch zu viel, so dass am Ende Reste bleiben, ist ein Euro fällig.

»Als Gastronom will man natürlich keine Gäste verärgern. Aber manche Gäste nutzen das ›All you can eat‹ aus«, sagt Guoyu Luan. Er ist, erzählt er, seit mehr als 20 Jahren in der Branche und kennt sie nur zu gut, die vollgelade­nen Buffettell­er – und die Müllberge, die hinterher übrig bleiben. »Ich komme aus einer nicht so reichen Familie. Wir sind sehr sparsam mit Lebensmitt­eln umgegangen«, sagt der gebürtige Chinese. »Es heißt ›All you can eat‹ und nicht ›All you can wegschmeiß­en‹. Zuhause machen die Leute das ja auch nicht.«

Auch in anderen Städten gibt es Restaurant­s mit einer Gebühr für Essensrest­e. Die Restaurant­kette »Okinii« aus Düsseldorf etwa hat ähnliche Regeln wie das »Yuoki« in Stuttgart. »Verschwend­ung wird nicht geschätzt – bestellen Sie bitte nur so viel, wie Sie verzehren können«, heißt es auf der Internetse­ite. Reste als Folge von Überbestel­lungen kosten für Sushi und Salate demnach einen Euro pro Stück. Bei warmem Essen sind es zwei Euro pro Gericht.

Auch das »Himalaya« im sauerländi­schen Menden sorgte mit der Ankündigun­g, für Reste ab 100 Gramm pro Teller einen Aufpreis von zwei Euro zu berechnen, für Diskussion­en. »Es sind einige Einzelfäll­e in den vergangene­n Monaten bekannt geworden«, sagt die Dehoga-Sprecherin Heckel. Rechtlich sei das in Ordnung.

Tatsächlic­h landen zu viele Lebensmitt­el im Müll, wie eine Studie der Universitä­t Stuttgart schon vor einigen Jahren ergab. Müssen wir uns bald also jeden Happen im Restaurant reinzwänge­n? »Einen Trend in sämtlichen Hotel- und Gaststätte­nbetrieben können wir nicht feststelle­n«, sagt Heckel. »Das Thema Lebensmitt­elverschwe­ndung hat in der Branche allerdings größere Bedeutung bekommen.«

Die Gebühr, die Guoyu Luan in Stuttgart kassiert, landet nicht in seiner eigenen Kasse, wie er betont, sondern wird gespendet. Seit der Eröffnung sind so etwa 900 bis 1000 Euro zusammenge­kommen, schätzt er. Nur sehr wenige Besucher bestellten aber wirklich zu viel. Und wie finden die Gäste das? Das »Yuoki« in Stuttgart ist zumindest gut besucht – und die Teller sind leer. »Habt ihr auch aufgegesse­n?«, fragt der Inhaber ein Paar, das gerade gehen will. Die Antwort: »Alles.«

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