Wer nicht aufisst, der zahlt extra
Stuttgarter Gastwirt will Verschwendung eindämmen
»Iss deinen Teller leer, dann gibt es morgen gutes Wetter.« Diesen Satz hat wohl jeder schon einmal gehört oder sogar selbst beherzigt. Ein Gastronom aus Stuttgart will seine Gäste ebenfalls zum Aufessen bewegen. Er stellt bei Essensresten aber nicht etwa schlechtes Wetter in Aussicht – sondern eine Geldstrafe. Wer bei seinem Angebot namens »Taste 120« Reste übrig lässt, muss einen Euro Gebühr zahlen. Guoyu Luan will damit die Verschwendung von Lebensmitteln eindämmen – und ist in der Branche längst nicht der einzige.
»Mehrere Gastronomen machen sich Gedanken darüber, wie sie Lebensmittelverschwendung reduzieren können«, sagt Stefanie Heckel vom Hotel- und Gaststättenverband Dehoga. Eine Gebühr auf Essensreste sei vor allem in Asien-Restaurants, zu denen auch das »Yuoki« in Stuttgart gehört, zu beobachten. Der Grund ist einfach: Gerade dort gibt es das klassische »All you can eat«-Buffet.
Auch der 40-jährige Guoyu Luan hat mit »Taste 120« ein »All you can eat«-Angebot, was ihm schon einen Bericht im »Stern« einbrachte. Das sieht so aus: 120 Minuten lang dürfen Gäste so viel essen wie sie wollen. Ein Buffet gibt es nicht: Geordert wird über ein iPad, samt Bedienung am Tisch. Bei jeder Bestellung sind fünf Gerichte pro Gast erlaubt. Ordert der jedoch zu viel, so dass am Ende Reste bleiben, ist ein Euro fällig.
»Als Gastronom will man natürlich keine Gäste verärgern. Aber manche Gäste nutzen das ›All you can eat‹ aus«, sagt Guoyu Luan. Er ist, erzählt er, seit mehr als 20 Jahren in der Branche und kennt sie nur zu gut, die vollgeladenen Buffetteller – und die Müllberge, die hinterher übrig bleiben. »Ich komme aus einer nicht so reichen Familie. Wir sind sehr sparsam mit Lebensmitteln umgegangen«, sagt der gebürtige Chinese. »Es heißt ›All you can eat‹ und nicht ›All you can wegschmeißen‹. Zuhause machen die Leute das ja auch nicht.«
Auch in anderen Städten gibt es Restaurants mit einer Gebühr für Essensreste. Die Restaurantkette »Okinii« aus Düsseldorf etwa hat ähnliche Regeln wie das »Yuoki« in Stuttgart. »Verschwendung wird nicht geschätzt – bestellen Sie bitte nur so viel, wie Sie verzehren können«, heißt es auf der Internetseite. Reste als Folge von Überbestellungen kosten für Sushi und Salate demnach einen Euro pro Stück. Bei warmem Essen sind es zwei Euro pro Gericht.
Auch das »Himalaya« im sauerländischen Menden sorgte mit der Ankündigung, für Reste ab 100 Gramm pro Teller einen Aufpreis von zwei Euro zu berechnen, für Diskussionen. »Es sind einige Einzelfälle in den vergangenen Monaten bekannt geworden«, sagt die Dehoga-Sprecherin Heckel. Rechtlich sei das in Ordnung.
Tatsächlich landen zu viele Lebensmittel im Müll, wie eine Studie der Universität Stuttgart schon vor einigen Jahren ergab. Müssen wir uns bald also jeden Happen im Restaurant reinzwängen? »Einen Trend in sämtlichen Hotel- und Gaststättenbetrieben können wir nicht feststellen«, sagt Heckel. »Das Thema Lebensmittelverschwendung hat in der Branche allerdings größere Bedeutung bekommen.«
Die Gebühr, die Guoyu Luan in Stuttgart kassiert, landet nicht in seiner eigenen Kasse, wie er betont, sondern wird gespendet. Seit der Eröffnung sind so etwa 900 bis 1000 Euro zusammengekommen, schätzt er. Nur sehr wenige Besucher bestellten aber wirklich zu viel. Und wie finden die Gäste das? Das »Yuoki« in Stuttgart ist zumindest gut besucht – und die Teller sind leer. »Habt ihr auch aufgegessen?«, fragt der Inhaber ein Paar, das gerade gehen will. Die Antwort: »Alles.«