Ein Nationalpark soll her – aber wo?
Rhön, Spessart oder doch der Steigerwald – in Bayern streiten Staatsregierung, Opposition und Naturschützer über ein drittes Schutzgebiet
Bayern soll nach den Plänen der Staatsregierung bald um einen dritten Nationalpark reicher werden. Doch das Vorgehen stößt auf breite Kritik von Opposition und Naturschutzinitiativen. Der Freistaat Bayern soll zeitnah einen dritten Nationalpark bekommen. Nach langen Debatten und Forderungen von Naturschutzinitiativen will die CSU-geführte Staatsregierung demnächst ein drittes Schutzgebiet auswählen, das die zwei Nationalparks »Bayerischer Wald« und »Berchtesgadner Land« ergänzen soll. »Ich will ein Ausrufezeichen beim Naturschutz setzen«, betonte die Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU). »Ein Nationalpark ist ein ökologisches Konjunkturprogramm allererster Güte. Er stärkt die Naturheimat Bayern, erhält die Artenvielfalt und treibt die wirtschaftliche, touristische und infrastrukturelle Gesamtentwicklung voran.«
Deshalb hat die Ministerin eine Projektgruppe in ihrem Ressort eingerichtet, die Anfang August ihre Arbeit aufgenommen hat. Sie verfolgt das Ziel, in einem »offenen und transparenten Verfahren« die »fachlich geeigneten Gebiete« nach »feststehenden Kriterien« zu ermitteln. Dabei setzt das Umweltministerium auf einen »intensiven Dialogprozess mit den Verantwortlichen und den Bürgern«, schließt den Steigerwald jedoch bereits im Vorfeld als Standort aus – unter anderem, weil es dort einen Rechtsstreit um ein Waldschutzgebiet gebe und die Zukunft des Steigerwaldes unklar sei. Der Naturpark zwischen Nürnberg und Würzburg war in den letzten Jahren immer wieder als dritter Nationalpark diskutiert und von verschiedenen Naturschutzgruppen favorisiert worden. Als mögliche Kandidaten sollen stattdessen die Regionen in Rhön und im Spessart gelten.
Bei der Opposition und bei Umweltschutzinitiativen ist die Kritik dementsprechend groß, auch wenn die Einrichtung eines dritten Gebietes grundsätzlich auf Zustimmung stößt. »Wenn die Staatsregierung einen Nationalpark auf den Weg bringen will, aber gleichzeitig das am besten ge- eignete Gebiet von diesem Prozess ausschließt, wird klar, dass es ihr offenbar nicht um die Sache geht«, sagte der Landesvorsitzende des Bund Naturschutz (BN), Hubert Weiger. Er setzt sich zusammen mit seinem Verband für den Standort Steigerwald ein — gerade weil Bayern eine spezielle Verpflichtung für den Schutz von Buchen habe, die dort weit verbreitet sind.
Sein Kollege Richard Mergner, der BN-Landesbeauftrage, verweist zudem auf »etliche Gutachten« und auf das Bundesamt für Naturschutz. Sie hätten den Steigerwald unisono als das »mit am besten geeignete Waldgebiet eingestuft, wenn natürliche Entwicklungen in Laubwäldern und Buchenwäldern geschützt werden sollen«. Der Ausschluss des Steigerwaldes sei vor diesem Hintergrund »fachlich nicht zu rechtfertigen«, betont Weiger. Ähn- lich sehen es SPD und Grüne im Bayerischen Landtag. »Der Steigerwald muss als eines der naturschutzfachlich wichtigsten und wertvollsten Waldgebiete in Deutschland unbedingt miteinbezogen und nicht aus reinem Trotz ausgeschlossen werden«, sagt der umweltpolitische Sprecher der Grünen, Christian Magerl.
Der SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher geht mit seiner Kritik sogar noch weiter und bewertet das Vorgehen der Staatsregierung insgesamt als »mangelhaft«. Er stört sich vor allem daran, dass weder »eine erste Potenzialanalyse« noch eine Vorbefragung der Bürger durchgeführt wurde. Auch habe die Regierung trotz ihrer Ankündigung bislang nicht einmal einen Fahrplan für einen Dialogprozess oder einen Auftrag für eine geographisch eingegrenzte Machbarkeitsstudie vergeben.
Der SPD-Fraktionschef bewertet das Vorgehen der Staatsregierung als »mangelhaft«.