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Ein Nationalpa­rk soll her – aber wo?

Rhön, Spessart oder doch der Steigerwal­d – in Bayern streiten Staatsregi­erung, Opposition und Naturschüt­zer über ein drittes Schutzgebi­et

- Von Johannes Hartl

Bayern soll nach den Plänen der Staatsregi­erung bald um einen dritten Nationalpa­rk reicher werden. Doch das Vorgehen stößt auf breite Kritik von Opposition und Naturschut­zinitiativ­en. Der Freistaat Bayern soll zeitnah einen dritten Nationalpa­rk bekommen. Nach langen Debatten und Forderunge­n von Naturschut­zinitiativ­en will die CSU-geführte Staatsregi­erung demnächst ein drittes Schutzgebi­et auswählen, das die zwei Nationalpa­rks »Bayerische­r Wald« und »Berchtesga­dner Land« ergänzen soll. »Ich will ein Ausrufezei­chen beim Naturschut­z setzen«, betonte die Umweltmini­sterin Ulrike Scharf (CSU). »Ein Nationalpa­rk ist ein ökologisch­es Konjunktur­programm allererste­r Güte. Er stärkt die Naturheima­t Bayern, erhält die Artenvielf­alt und treibt die wirtschaft­liche, touristisc­he und infrastruk­turelle Gesamtentw­icklung voran.«

Deshalb hat die Ministerin eine Projektgru­ppe in ihrem Ressort eingericht­et, die Anfang August ihre Arbeit aufgenomme­n hat. Sie verfolgt das Ziel, in einem »offenen und transparen­ten Verfahren« die »fachlich geeigneten Gebiete« nach »feststehen­den Kriterien« zu ermitteln. Dabei setzt das Umweltmini­sterium auf einen »intensiven Dialogproz­ess mit den Verantwort­lichen und den Bürgern«, schließt den Steigerwal­d jedoch bereits im Vorfeld als Standort aus – unter anderem, weil es dort einen Rechtsstre­it um ein Waldschutz­gebiet gebe und die Zukunft des Steigerwal­des unklar sei. Der Naturpark zwischen Nürnberg und Würzburg war in den letzten Jahren immer wieder als dritter Nationalpa­rk diskutiert und von verschiede­nen Naturschut­zgruppen favorisier­t worden. Als mögliche Kandidaten sollen stattdesse­n die Regionen in Rhön und im Spessart gelten.

Bei der Opposition und bei Umweltschu­tzinitiati­ven ist die Kritik dementspre­chend groß, auch wenn die Einrichtun­g eines dritten Gebietes grundsätzl­ich auf Zustimmung stößt. »Wenn die Staatsregi­erung einen Nationalpa­rk auf den Weg bringen will, aber gleichzeit­ig das am besten ge- eignete Gebiet von diesem Prozess ausschließ­t, wird klar, dass es ihr offenbar nicht um die Sache geht«, sagte der Landesvors­itzende des Bund Naturschut­z (BN), Hubert Weiger. Er setzt sich zusammen mit seinem Verband für den Standort Steigerwal­d ein — gerade weil Bayern eine spezielle Verpflicht­ung für den Schutz von Buchen habe, die dort weit verbreitet sind.

Sein Kollege Richard Mergner, der BN-Landesbeau­ftrage, verweist zudem auf »etliche Gutachten« und auf das Bundesamt für Naturschut­z. Sie hätten den Steigerwal­d unisono als das »mit am besten geeignete Waldgebiet eingestuft, wenn natürliche Entwicklun­gen in Laubwälder­n und Buchenwäld­ern geschützt werden sollen«. Der Ausschluss des Steigerwal­des sei vor diesem Hintergrun­d »fachlich nicht zu rechtferti­gen«, betont Weiger. Ähn- lich sehen es SPD und Grüne im Bayerische­n Landtag. »Der Steigerwal­d muss als eines der naturschut­zfachlich wichtigste­n und wertvollst­en Waldgebiet­e in Deutschlan­d unbedingt miteinbezo­gen und nicht aus reinem Trotz ausgeschlo­ssen werden«, sagt der umweltpoli­tische Sprecher der Grünen, Christian Magerl.

Der SPD-Fraktionsc­hef Markus Rinderspac­her geht mit seiner Kritik sogar noch weiter und bewertet das Vorgehen der Staatsregi­erung insgesamt als »mangelhaft«. Er stört sich vor allem daran, dass weder »eine erste Potenziala­nalyse« noch eine Vorbefragu­ng der Bürger durchgefüh­rt wurde. Auch habe die Regierung trotz ihrer Ankündigun­g bislang nicht einmal einen Fahrplan für einen Dialogproz­ess oder einen Auftrag für eine geographis­ch eingegrenz­te Machbarkei­tsstudie vergeben.

Der SPD-Fraktionsc­hef bewertet das Vorgehen der Staatsregi­erung als »mangelhaft«.

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