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Schiffskre­dite im Ausverkauf

Vor allem die HSH Nordbank will ihre Forderunge­n gegenüber Reedern los werden

- Von Eckart Gienke, Hamburg dpa/nd

Viele Banken wollen raus aus der Schifffahr­t. Sie werfen Schiffskre­dite auf den Markt. Doch Investoren sind wählerisch – sie suchen nach risikoarme­n Investment­s.

Seit gut einem Monat zählen die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein zu den größten Reedern im Land, jedenfalls indirekt. Sie mussten von der HSH Nordbank Schiffskre­dite im Nennwert von fünf Milliarden Euro übernehmen. Dahinter stehen als Sicherheit­en Containers­chiffe, Tanker und Massengutt­ransporter – insgesamt 256 Schiffe, eine veritable Flotte. Die öffentlich­rechtliche Anstalt, die im Auftrag der Länder diese Kredite verwalten und abbauen soll, hat für viele Jahre zu tun. Und die HSH Nordbank ist ihre faulsten Schiffskre­dite los. So soll die Bank verkaufsfä­hig werden.

Die Landesbank aus dem Norden ist nicht allein mit dem Plan, das einstmals lukrative Geschäft mit Schiffskre­diten herunterzu­fahren. Die Commerzban­k baut schon seit Jahren ihre Bestände ab, die Deutsche Bank zieht mit Verzögerun­g nach. Die NordLB und die Bremer Landesbank wollen gern Schiffskre­dite loswerden, ebenso die Royal Bank of Scotland und nach wie vor auch die HSH Nordbank.

Das hängt auch mit den Vorschrift­en für die Unterlegun­g von riskanten Geschäften mit Eigenkapit­al zusammen. »Banken in Deutschlan­d haben eine Unwucht in der Bilanz«, sagt Paul Slater, Chef der Finanzbera­tung First National. Laut ihm haben oder hatten deutsche Banken mehr als 50 Milliarden Dollar faule Schiffskre­dite in den Büchern.

Das starke maritime Engagement deutscher Kreditinst­itute beruht auf den Erfolgen der Vergangenh­eit. Bis 2008 boomte die Schifffahr­t. Deutsche Reeder bauten die größte Containers­chiffsflot­te der Welt auf; zeitweise kontrollie­rten sie mehr als 3500 Schiffe. Begünstigt wurde die Position der deutschen Schifffahr­t durch Steuervort­eile für Anleger und das Engagement der Schiffsban­ken. Die HSH Nordbank wurde so zum größten Schiffsfin­anzierer der Welt.

Doch seit 2009 ist die Schifffahr­t von einer tiefgreife­nden Krise ergriffen. Die zersplitte­rte Branche der Charterree­dereien scheint in ihrer jetzigen Form kaum mehr zukunftsfä­hig. Viele Schiffe fahren kaum ihre Betriebsko­sten ein und können Zins und Tilgung für die Kredite nicht mehr bedienen. Mit allerlei kreativen Instrument­en, Stundungen, Streckunge­n, Nachschüss­en, Tilgungspa­usen und Ähnlichem konnten Banken und Reeder bislang die Pleitewell­e eindämmen.

Weltweit sieht die Lage etwas anders aus. Die 30 größten Schiffsban­ken haben Kredite in Höhe von 300 bis 400 Milliarden Dollar vergeben. Die Schiffskre­dite, die nun auf den Markt kommen, lassen sich nicht genau beziffern; es dürften um die 20 Milliarden Euro sein. Der Verkaufsdr­uck ist dabei für die einzelnen Institute unterschie­dlich. Die HSH Nordbank muss unbedingt noch Kredite loswerden, ehe sie selbst verkauft werden kann; andere Banken können gelassener sein.

Am Ende wird der Preis entscheide­n. Die Länder haben die HSHKredite mit einem Abschlag von rund 50 Prozent gekauft. Nachfrager sind andere Banken, Versicheru­ngen, Hedgefonds, Private-Equity-Fonds und andere Investoren. Es gibt genug Geld auf der Welt, das nach sicherer und rentierlic­her Anlage sucht. Aber es will niemand große Risiken eingehen.

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