Nicht uneingeschränkt gilt: Gekauft wie gesehen?
Wem als Käufer einer Immobilie Mängel verschwiegen wurden, muss er das nicht hinnehmen. Zwei Gerichtsurteile zeigen, dass der Grundsatz »gekauft wie gesehen« nicht uneingeschränkt gilt.
Der beim Immobilienerwerb übliche Grundsatz »gekauft wie gesehen« bedeutet keineswegs, dass ein Käufer Pech gehabt hat, wenn ihm bei der Besichtigung seines Traumdomizils der ein oder andere Haken nicht aufgefallen ist.
Der Verkäufer kann sich selbst dann nicht um seine Gewährleistungspflicht drücken, wenn in dem Kaufvertrag ein entsprechender Haftungsausschluss vereinbart wurde. Das gilt insbesondere dann, wenn dem Verkäufer der für den Käufer entscheidende Mangel selbst bereits seit Längerem bekannt war, wie der folgend geschilderte Fall belegt.
Ohren auf beim Kauf Die Käuferin einer Eigentumswohnung musste bald nach ihrem Einzug feststellen, dass die Lärmbelästigung durch eine im Erdgeschoss unter ihrer Wohnung liegende Seniorentagesstätte unerträglich war. Bei mehreren Besichtigungen vor Vertragsunterzeichnung hatte sie davon nichts mitbekommen. Ihre Frage nach eventuellen Lärmbelästigungen hatte der Verkäufer verneint.
Pech für ihn: Er hatte vertraglich zugesichert, dass ihm keine verborgenen Mängel bekannt seien. Und das, obwohl er sich selbst zuvor mehrfach bei der Hausverwaltung über die unzumutbare Hellhörigkeit der Wohnung beschwert hatte. Zudem hatte er erklärt, angesichts des mangelhaften Schallschutzes werde er sich wohl bald von dieser Wohnung trennen müssen.
Hier liegt eindeutig ein arglistiges Verschweigen eines bekannten Mangels vor, was die Käuferin berechtigt, vom Vertrag zurückzutreten. Das Landgericht Coburg (Az. 23 O 358/13) sah das genauso und verurteilte den Verkäufer nicht nur zur Rückzahlung des Kaufpreises, sondern auch zur Erstattung der Makler- und Notarkosten sowie der Grunderwerbsteuer.
Darüber hinaus muss der Verkäufer auch den Schaden ersetzen, der der Klägerin durch das von ihr zur Finanzierung des Kaufpreises aufgenommene Darlehen ent- standen ist, und ihre Anwaltskosten übernehmen. Gekauft und nix gesehen Nichts zu sehen gab es – im doppelten Sinne – in einem vom OLG Frankfurt am Main (Az. 3 U 4/14) entschiedenen Fall. Ein Käufer hatte in Frankfurt am Main von einem Bauträger eine neu zu errichtende Eigentumswohnung gekauft, die dieser in seinem Verkaufsprospekt mit einem »unverbaubaren Skyline-Blick« beworben hatte. Schon bald nach Übergabe der fertigen Wohnung errichtete derselbe Bauträger in einem angrenzenden Park ein weiteres mehrstöckiges Haus, so dass von dem charakteristischen, als »Mainhattan« bekannten Panorama nicht mehr viel zu sehen war.
Der Wohnungskäufer forderte die Rückabwicklung des Kaufvertrags und erhielt vom OLG Frankfurt am Main Recht, weil sich der Bauträger mit der sichtbehindernden Bebauung einer »nachvertraglichen Pflichtverletzung« schuldig gemacht habe.
Die Fälle zeigen, dass sich Immobilienkäufer keineswegs damit abfinden müssen, wenn sie das Objekt ihrer Wahl unter Bedingungen vorfinden, unter denen sie den Kaufvertrag nicht geschlossen hätten.