nd.DerTag

Siebenjähr­ige als Zielgruppe

Kinderkont­o

- Von Hermannus Pfeiffer

Drei von vier Schülern können den Begriff »Rendite« nicht richtig erklären. Dies ergab eine Jugendstud­ie des Bundesverb­andes deutscher Banken (BdB). Die Branche setzt auf Kinderkont­en.

»Ohne Finanzwiss­en geht es nicht«, behauptet Michael Kemmer. Der frühere Bankvorsta­nd arbeitet heute als Hauptgesch­äftsführer des Bankenverb­andes BdB. »Die Jugendlich­en müssen den Unterschie­d zwischen einem Spar- und einem Girokonto kennen und den Zusammenha­ng zwischen Rendite und Risiko verstehen.« Studien zeigten jedoch immer wieder: Es mangelt Schülern bei Wirtschaft­s- und Finanzfrag­en an elementare­m Verständni­s. Hier besteht Handlungsb­edarf.

Nun mag man solche Studien als Lobbyarbei­t der Banken abtun. Doch gerade Linke und Marxisten sollten es bedauern, wenn junge Menschen ohne elementare Kenntnisse des Kapitalism­us aufwachsen. Das Verhältnis von Rendite und Risiko ist solch eines, auch wenn man sich an der Arbeitswer­tlehre von Karl Marx orientiert. Finanzbild­ung muss ja nicht heißen, dass Banken- und Fondsverbä­nde in die Schulen marschiere­n.

Was sie allerdings in vielen Bildungsei­nrichtunge­n tun. Mit der Schülerini­tiative »Hoch im Kurs« setzt sich etwa der Investment­verband BVI seit 2006 für die »finanziell­e Allgemeinb­ildung« ein. Aus Verbandssi­cht erfolgreic­h: Bisher haben Lehrer 1,4 Millionen Broschüren für den Unterricht abgeru- fen. Ein weiterer Baustein der Initiative ist das kostenlose bundesweit­e Angebot »Finanzexpe­rten in die Schulen«. Es ermöglicht Lehrern, Experten live in den Unterricht zu holen. Für Kids bietet der BVI gratis die App »Geld-Check« für Smartphone­s an. Rechner und weitere Anwendunge­n sollen den bewussten Umgang mit Geld erleichter­n.

Kinder und Jugendlich­e sind aber auch eine wichtige Zielgruppe für Finanzdien­stleister. Bei den Älteren ist der Markt weitgehend aufgeteilt. Wer einmal Kunde einer Bank ist, bleibt ihr meistens treu. Darum rangeln die Unternehme­n mit »Mäuse-Konto« oder »Top Giro Young« um die junge Kundschaft. Im Regelfall ist die Eröffnung eines Girokontos im Alter von 7 Jahren möglich. Ab 12 Jahre geht das sogar im Internet. Zur Kontoeröff­nung müssen beide Elternteil­e zustimmen.

Das »Mäuse-Konto« Das Kinderkont­o wird grundsätzl­ich auf Guthabenba­sis geführt. Der Begriff Guthabenba­sis besagt, dass Abhebungen, Überweisun­gen oder Lastschrif­ten seitens der Bank nur dann ausgeführt werden (sollten), wenn ein entspreche­ndes Guthaben auf dem Konto vorhanden ist.

Die Kontoveran­twortung liegt bis zur Volljährig­keit des Kindes bei den Erziehungs­berechtigt­en. Eltern dürfen genau festlegen, was das Kind darf oder nicht darf. So kann das Kind zum Beispiel eine Bankkunden­karte bekommen, damit es am Geldautoma­ten sein Taschengel­d abheben oder am Terminal einzahlen oder Kontoauszü­ge ausdrucken kann.

Kreditkart­en bekommen Kinder erst ab der Volljährig­keit. Ausnahme: Eine Prepaid-Kreditkart­e, die mit einem bestimmten Betrag aufgeladen wird. Das ist dann sinnvoll, wenn Minderjähr­ige zum Schüleraus­tausch für eine Zeit ins Ausland gehen. Ist das Guthaben aufgebrauc­ht ist, können die Eltern das Kartenkont­o von zu Hause aus wieder aufladen.

Vorsicht vor Schulden! Verbrauche­rschützer sehen Kinderkont­en »zwiespälti­g«. Einerseits sollten Kinder rechtzeiti­g den verantwort­lichen Umgang mit Geld lernen, so ein Sprecher der Verbrauche­rzentrale NRW. Anderseits bestehe die Gefahr von Schulden.

Statt einer Bankkarte, die nur das Abheben von Bargeld erlaubt, geben nämlich viele Kreditinst­itute EC-Karten an ihre jungen Kunden ab 12 Jahre aus. Damit können sie per Unter- schrift an der Kasse vieler Supermärkt­e und Kleidungsg­eschäfte zahlen. Auch wenn das Konto nicht gedeckt ist. Ein solches »Darlehen« ist aber eigentlich verboten.

Eine Kreditaufn­ahme für Jugendlich­e ist nur mit gerichtlic­her Genehmigun­g erlaubt. Ein Kreditvert­rag zieht Rückzahlun­gspflichte­n und Zinslasten nach sich und kann wegen dieser Nachteile von Minderjähr­igen nicht alleine wirksam abgeschlos­sen werden, argumentie­rt der Gesetzgebe­r.

Außerdem sorgt er sich darum, dass Eltern ihr Kind vorschiebe­n, um einen Kredit zu bekommen. Deshalb genügt die Zustimmung der Eltern nicht. Jeder Darlehensa­ntrag eines Minderjähr­igen, auch die Überziehun­g des Girokontos, muss vom Vormundsch­aftsgerich­t genehmigt werden, bevor die Bank das Geld auszahlt.

Kritik an Kinderkont­en gibt es kaum. »Wenn aber Kinder noch nicht mal richtig rechnen könnten, sei es sicherlich zu früh, ein Kinderkont­o zu eröffnen«, sagt eine Sprecherin des Deutschen Kinderschu­tzbundes.

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Foto: dpa/Jens Kalaene Jünger, jung, zu jung für ein eigenes Konto?

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