nd.DerTag

Australien ist kein Vorbild

- Martin Ling über die rigide Flüchtling­spolitik in Down Under

In Australien kann regieren, wer will, in der Flüchtling­spolitik sind sie sich einig: Seit 15 Jahren schiebt Australien Bootsflüch­tlinge in benachbart­e Inselstaat­en ab und seit drei Jahren hat es kein Bootsflüch­tling überhaupt noch geschafft, das Festland in Down Under zu erreichen. Mit »Stoppt die Boote« eroberten die konservati­ven Liberalen 2013 die Regierung von der sozialdemo­kratischen Labor-Regierung zurück und an ihren Wahlslogan haben sie sich – koste es, was es wolle – seitdem gehalten. Mehr als eine Umsiedlung auf den pazifische­n Inseln statt Dauerinter­nierung hat auch Labor nicht im Angebot.

Australien­s Ankündigun­g, das umstritten­e Flüchtling­slager auf der Insel Manus auf Sicht schließen zu wollen, ist eines sicher nicht: eine Abkehr von der rigiden Flüchtling­spolitik. Das betonte Einwanderu­ngsministe­r Peter Dutton höchstselb­st. Es ist lediglich die Reaktion auf ein Urteil des Obersten Gerichtsho­fes in PapuaNeugu­inea, dessen Richter Klartext sprach und die geübte Praxis als verfassung­swidrig einstufte.

Dass der österreich­ische Außenminis­ter Sebastian Kurz Australien­s Flüchtling­spolitik der EU zum Nacheifern empfiehlt, ist ein moralische­r Offenbarun­gseid: »Wer in ein Boot steigt und versucht, illegal nach Europa zu kommen, hat seine Chance auf Asyl verwirkt und wird zurückgebr­acht«, lautet Kurz’ Credo. Es ist ein Kurzschlus­s. Das Asylrecht ist ein Menschenre­cht und kann de jure nicht verwirkt werden. De facto schon. Das zeigt der abschrecke­nde Fall Australien.

Newspapers in German

Newspapers from Germany