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Rassismus in der DDR angeprange­rt

Historiker: Zwölf Tote bei Übergriffe­n

- Dpa/nd

Leipzig. Bei fremdenfei­ndlichen Übergriffe­n in der DDR sind nach Erkenntnis des Historiker­s Harry Waibel mindestens zwölf Menschen ums Leben gekommen. »Wir können bisher 700 Vorfälle nachweisen und belegen, bei denen es mindestens zwölf Tote gegeben hat«, sagte Waibel dem Mitteldeut­schen Rundfunk (MDR). In der Dokumentat­ion »Exakt – Die Story«, die am Mittwochab­end ausgestrah­lt werden sollte, rekonstrui­ert der Mitteldeut­sche Rundfunk einige der Taten.

Rassismus und fremdenfei­ndliche Gewalt seien in der DDR stärker verbreitet gewesen als bisher bekannt, teilte der Sender am Mittwoch mit. Waibel habe Stasi-, Polizei- und Gerichtsak­ten ausgewerte­t und sei dabei auf Vorkommnis­se im gesamten Gebiet der DDR gestoßen. Der Historiker geht in dem Beitrag der Frage nach, warum viele dieser Fälle bis heute nicht aufgeklärt wurden.

Den Recherchen zufolge gab es über mehrere Jahre ausländerf­eindliche Parolen, Beleidigun­gen, Hetze, gewalttäti­ge Übergriffe und Körperverl­etzungen, Ausschreit­ungen und sogar Tote.

Nach Angaben des MDR wurde am 19. September 1987 in Staßfurt ein Lehrling aus Mosambik von mehreren Männern aus fremdenfei­ndlichen Motiven bewusstlos getreten und in den Fluss Bode geworfen. Einen Tag später wurde demnach die Leiche gefunden. Sechs Staßfurter seien laut Stasi-Akten für seinen Tod verantwort­lich, so der Sender. Doch nur ein Täter, ein bereits Vorbestraf­ter, sei zu fünf Jahren Haft verurteilt worden.

Ein besonders schwerer Fall habe sich in Merseburg am 12. August 1979 ereignet. Dabei seien zwei kubanische Vertragsar­beiter von mehreren Merseburge­rn in die Saale gejagt und durch Flaschen- und Steinwürfe offenbar so schwer verletzt worden, dass sie ertranken. Die anfänglich­en Ermittlung­en der Polizei seien durch die Staatsführ­ung unter Kenntnisna­hme von Erich Honecker eingestell­t worden.

Mehr als 37 Jahre nach den Ereignisse­n habe die Familie eines getöteten Kubaners durch die MDR-Recherchen erstmals von den Todesumstä­nden erfahren, so der Sender. Mittlerwei­le habe die Familie den Münchner Anwalt Yavuz Narin mandatiert. Dieser sehe die zuständige Staatsanwa­ltschaft Halle (Saale) nun in der Pflicht zu handeln. Narin gehe davon aus, dass die Staatsanwa­ltschaft Halle von sich aus tätig werden dürfte.

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