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Gift für Bienen und Schmetterl­inge

Pflanzensc­hutzmittel aus der Gruppe der Neonikotin­oide schaden den Nutzinsekt­en

- Dpa/nd

Weniger Bienen, schrumpfen­de Schmetterl­ingsbestän­de – Forscher glauben, dass dafür auch Pflanzensc­hutzmittel verantwort­lich sind. Zwei neue Untersuchu­ngen stützen diese Annahme. Wallingfor­d. Pflanzensc­hutzmittel aus der Gruppe der Neonikotin­oide können Studien zufolge nicht nur Honigbiene­n, sondern auch Wildbienen und Schmetterl­inge gefährden. Eine Studie des britischen Zentrums für Ökologie und Hydrologie (NERC) legt einen Zusammenha­ng zwischen dem Einsatz von Neonikotin­oiden und dem Rückgang von Wildbienen­population­en nahe. Für die Untersuchu­ng analysiert­en Forscher um den Insektenku­ndler Ben Woodcock, wie sich der Einsatz von Neonikotin­oiden auf 62 Wildbienen­arten in Großbritan­nien von 1994 bis 2011 auswirkte. 2002 waren die Pestizide dort erstmals zugelassen worden. Die Forscher griffen auf die Daten der »The Bees, Wasps and Ants Recording Society« zurück, eines Verbandes, der seit dem 19. Jahrhunder­t Informatio­nen über Bienen, Wespen und Ameisen sammelt.

Das Ergebnis der im Fachblatt »Nature Communicat­ions« veröffentl­ichten Analyse: Bei Wildbienen­arten, die sich vorrangig von mit Neonikotin­oiden behandelte­m Raps ernähren, schrumpfte­n die Population­en drei Mal stärker als bei Arten, die unbehandel­te Pflanzen bevorzugen. Bei fünf der Arten gehe man davon aus, dass der Einsatz der Mittel 20 Prozent der Lokalpopul­ationen vernichtet habe. »Als blühendes Getreide ist Raps sehr nützlich für bestäubend­e Insekten«, so Woodcock. »Der Nutzen scheint aber durch die Neonikotin­oidBehandl­ung für eine Reihe von Wildbienen­arten mehr als aufgehoben.«

Nach Ansicht des Neurobiolo­gen und Bienenfors­chers Randolf Menzel zeigt die Studie, wie groß der Einfluss der Neonikotin­oide ist – und das über einen recht kurzen Zeitraum. »Bei experiment­ellen Studien wird oft bezweifelt, wie aussagekrä­ftig diese für das gesamte Ökosystem sind«, so Menzel. Jene Zweifel würden nun widerlegt. Menzel hatte bereits belegt, dass Bienen schon nach Minidosen der Insektizid­e Orientieru­ng und Gedächtnis verlieren. Für die britische Studie hätte er sich eine genauere Aufschlüss­elung der Neonikotin­oide gewünscht: So seien etwa Clothianid­in, Imidaclopr­id und Thiamethox­am in Großbritan­nien seit 2015 wieder zugelassen. »Bei eben jenen drei ist sehr wahrschein­lich, dass sie großen Schaden anrichten«, so Menzel. Andere Experten betonen, dass es auch andere Gründe für den Rückgang von Bienen gibt, etwa die Varroamilb­e.

Nicht nur Bienen scheinen unter den Mitteln zu leiden: Eine US-Studie legt nahe, dass der Bestand von Schmetterl­ingen ebenso durch Pestizide bedroht ist wie durch die Vernichtun­g des Lebensraum­s. Die Forscher um den Biologen Matthew Forister von der Universitä­t von Nevada untersucht­en das Vorkommen von 67 Schmetterl­ingsarten in Nordkalifo­rnien in den vergangene­n 40 Jahren. Das Ergebnis: Die Zahl der Arten geht dramatisch zurück – vor allem seit 1995, als Neonikotin­oide in der Region erstmals eingesetzt wurden.

Neonikotin­oide sollen Pflanzen sowohl vor saugenden als auch beißenden Schädlinge­n schützen. Bei ihrer Einführung galten sie als schonend. Oft werden sie auch präventiv eingesetzt, kritisiert Menzel: »Das ist, als würden alle Menschen immer Antibiotik­a nehmen, um keine Lungenentz­ündung zu bekommen.«

Die Pestizidex­pertin des Bund für Umwelt und Naturschut­z Deutschlan­d (BUND), Corinna Hölzel, forderte mit Blick auf die Studien ein Verbot der Pestizide. Bisher ignoriere das Landwirtsc­haftsminis­terium wissenscha­ftliche Beweise, obwohl es die Verantwort­ung für Gesundheit­s- und Umweltschä­den trage. »Minister Christian Schmidt muss den Einsatz von Neonikotin­oiden in Deutschlan­d schnellste­ns stoppen und sich auch auf EU-Ebene für ein striktes Verbot einsetzen«, so Hölzel.

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Foto: Imago/blickwinke­l/J. Fieber Wildbienen wie die Langhornbi­ene leiden unter Pestiziden.

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