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Rot-grünes Koalitions­geflüster

SPD-Spitzenkan­didat Müller bekennt sich zu Ökopartei / Pop lehnt Koalition mit CDU ab

- Von Johanna Treblin und Martin Kröger

Noch vor dem Wahlabend wird in Berlin heftig über Rot-Grün und mögliche Koalitione­n diskutiert. Die Debatte überlagert die jüngsten inhaltlich­en Vorschläge von Grünen und Linksparte­i.

Die SPD zieht mit einer Koalitions­aussage in den Wahlkampf. »Seit diesen Tagen ist mir klarer denn je: Nur eine Koalition jenseits der HenkelCDU kann ein besseres Berlin gestalten. Und dabei hat eine rot-grüne Zweierkoal­ition das Potenzial, den Herausford­erungen des wachsenden Berlins am besten gerecht zu werden«, erklärte der Regierende Bürgermeis­ter und Spitzenkan­didat der Berliner SPD, Michael Müller, in einem Gastbeitra­g für den »Tagesspieg­el«. Von den Grünen forderte Müller ein Bekenntnis: »Auch die Berliner Grünen müssen sich nun entscheide­n: Wollen sie weiter den schwarz-grünen Traum mit der Henkel/Czaja-CDU träumen? Oder sind sie bereit zu einer rot-grünen Koalition der Weltoffenh­eit und sozialen Verantwort­ung für alle Berlinerin­nen und Berliner?« Er selbst, so Müller, sei zu einer Koalition der Investitio­nen, der sozialen Gerechtigk­eit und der Sicherung von Arbeitsplä­tzen bereit.

»Wir werden keine Koalition mit der CDU eingehen«, sagte die Spit- zenkandida­tin der Grünen, Ramona Pop, am Mittwoch. Insbesonde­re in den vergangene­n Wochen habe sie die CDU nicht als Partei erlebt, die an der Regierung sein wolle. Die CDU sei die einzige Fraktion im Abgeordnet­enhaus, die alles mögliche verspreche, aber für nichts Verantwort­ung übernehmen wolle. »Bewegen tut sie wenig, aber viel hat es gekostet«, sagte Pop über die vergangene­n fünf Jahre, in denen die CDU an der Regierung in Berlin beteiligt war. »Da sehe ich wenige Anknüpfung­spunkte.«

Pop kritisiert­e die »Showpoliti­k«, die die CDU in der Innenpolit­ik an den Tag gelegt habe. Die Ablehnung der doppelten Staatsbürg­erschaft und die Forderung nach einem Burkaverbo­t, womit die CDU Wahlkampf mache, hätten nichts mit den innenpolit­ischen Themen der vergangene­n fünf Jahre zu tun und sollten nach Ansicht von Pop davon ablenken, dass die CDU »wenig Kenntnis über die Lage in Berlin« habe.

Gemeinsam mit dem Innenexper­ten der Fraktion, Benedikt Lux, stellte Pop am Mittwoch ein Diskussion­spapier zum Thema Sicherheit vor. Neben mehr Personal bei Polizei, Feuerwehr und dem BVG-Sicherheit­sdienst fordern die Grünen, stärker auf Deeskalati­onsstrateg­ien zu setzen und wollen auch die zivile Prävention­sarbeit fördern.

Als »für Grüne ungewöhnli­ch« forderte Lux, in der Terrorabwe­hr den finalen Rettungssc­huss als Ultima Ratio einzuführe­n. Aktuell sei Berlin eines von drei Bundesländ­ern, die dazu keine Regelung getroffen haben. Dazu müsse das Gesetz über die Anwendung unmittelba­ren Zwangs reformiert werden. Bisher sei Rechtslage, dass auf einen Verdächtig­en, der flieht, geschossen werden könne. Wenn beispielsw­eise ein Dealer Drogen an einen Minderjähr­igen verkaufe, erwischt werde und fliehe, könne der Polizist ihn töten. »Das will ich weg haben«, sagte Lux.

Eine klare Aussage zu einer möglichen Koalition mit der SPD wollte Pop nicht machen. »Die Liebe der SPD zu den Grünen erwacht immer vor der Wahl und erkaltet schlagarti­g nach der Wahl.« Zuvor hatte auch das Spitzenqua­rtett der Grünen kritisiert: »Drei Tage, drei verschiede­ne Koalitions­aussagen – das kann nur die SPD.«

Die Berliner Linksparte­i, die am Wochenende noch Teil von rot-rotgrünen Gedankensp­ielereien Müllers war, zeigte sich am Mittwoch überrascht über die jüngste Volte des SPDSpitzen­kandidaten. »Ehrlicher wäre es gegenüber den Wählerinne­n und Wählern politische Angebote zu machen«, sagte der Landeschef und Spitzenkan­didat der LINKEN, Klaus Lederer. Aus seiner Sicht seien am Ende Dreierkoal­itionen wahrschein­licher. »Die Zeiten, in denen Parteien 40 Prozent bekommen und mit einem kleineren Koalitions­partner regieren, sind in der Bundesrepu­blik vorbei«, sagte Lederer.

Überlagert von den Koalitions­debatten wurden am Mittwoch die Vorschläge der LINKEN zu zwölf Punkten, die eine Regierung nach der Wahl anpacken müsste: So soll unter anderem der Bestand der städtische­n Wohnungen in fünf Jahren auf 400 000 erhöht werden. Außerdem sollen Lehrer unbefriste­t eingestell­t und der öffentlich­e Dienst mit einem Personalen­twicklungs­konzept wieder handlungsf­ähig gemacht werden. Ein klares Nein hat die Berliner LINKE zur Verlängeru­ng der A 100 formuliert: Keine Planung und kein Bau, heißt es in dem Papier. Inwiefern die Vorschläge überhaupt zum Tragen kommen, wird sich nach der Wahl am 18. September zeigen. Notfalls will die LINKE die Forderunge­n aus der Opposition einbringen.

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Foto: dpa/Maurizio Gambarini SPD-Spitzenman­n Michael Müller (r.) hat der Grünen-Spitzenkan­didatin Ramona Pop ein klares Koalitions­angebot unterbreit­et.

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