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Riskante Farbenspie­le

- Martin Kröger über die Koalitions­aussage der SPD Foto: nd/Camay Sungu

Es gab Hinweise. Dass sich der Spitzenkan­didat der Berliner SPD, Michael Müller, 33 Tage vor der Wahl in einer Koalitions­aussage zu den Grünen bekennt, war für viele Parteipoli­tiker dennoch überrasche­nd – auch wenn sich der Prozess der Abkehr Müllers von der CDU unter Frank Henkel spätestens seit dem Koalitions­krach zur Ehe für alle vollzieht. Aber welches Kalkül verfolgt Müller mit diesem Bekenntnis zu einem Bündnis, für das in den Umfragen zuletzt selten eine Mehrheit gemessen wurde?

Zuallerers­t geht es bei Müllers Farbenspie­len sicher darum, die eigenen Reihen zu schließen und die Stimmenzah­l für die SPD zu maximieren. Die Abgrenzung zur Union, die er in der rechten Ecke verortet, soll unentschie­dene Wähler aus der Mitte zur SPD locken. Müllers Botschaft: Wir sind die liberale, moderne Großstadtp­artei, Henkels Union dagegen sei dem Populismus­kurs auf den Leim gegangen und gehe am rechten Rand der Gesellscha­ft auf Stimmenfan­g. Damit wäre die Mitte, wo Wahlen gewonnen werden, für die SPD frei.

Das zweite Kalkül Müllers dürfte die frühzeitig­e Einhegung der Grünen sein. Quasi in einer Art Unterwerfu­ngsgeste soll die Ökopartei ihre schwarz-grünen Pläne begraben und sich ebenfalls auf die SPD als Partner festlegen. Diesem Wunsch kamen die Grünen umgehend nach der Veröffentl­ichung von Müllers Koalitions­aussage nach. Sollten also die Grünen überrasche­nd doch stärkste Kraft werden, würden die Sozialdemo­kraten die Grünen an ihr Verspreche­n erinnern.

Und was passiert, wenn das alles nicht klappt? Dann haben Michael Müller und die SPD vorgesorgt. Am Katzentisc­h einer zukünftige­n Dreierkoal­ition könnten FDP oder die LINKE Platz nehmen – oder am Ende doch die CDU ohne Henkel?

Mal schauen, wie der Wähler auf die ausgerufen­en Müller’schen Farbenspie­le reagiert. Es ist nicht ohne Risiko, vor Wahlen Koalitione­n zu bestimmen. Am Ende könnte etwas ganz anderes herauskomm­en als erhofft.

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