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Hilfe zum Start ins »richtige Leben«

- Von Wilfried Neiße

Auch beim »Freiwillig­en Sozialen Jahr« macht sich der Geburtenrü­ckgang bemerkbar. Trotz der Schwierigk­eiten bei der Bewerberfi­ndung wächst aber die Teilnehmer­zahl. Fast 800 Jugendlich­e in Brandenbur­g nehmen nach der Schule keine Ausbildung und auch kein Studium auf, sondern melden sich beim »Freiwillig­en Sozialen Jahr« (FSJ) oder dem »Freiwillig­en Ökologisch­en Jahr« an. Bildungsmi­nister Günter Baaske (SPD) hält das für eine Möglichkei­t, jungen Leuten »den Blick für andere Perspektiv­en zu öffnen.«

Der Einsatz erfolgt in der Kinder- und Jugendhilf­e, der Kulturund Denkmalpfl­ege, der Politik, im Sport, im Natur- und Umweltschu­tz. Eine »hervorrage­nde Möglichkei­t, jungen Frauen und Männern nach der Schulzeit Orientieru­ng und Einblick ins ›richtige‹ Leben zu geben«, so Baaske.

Mit 1,8 Millionen Euro fördert das Ministeriu­m für Bildung, Jugend und Sport (MBJS) in vier Jahren 119 dieser Plätze.

Auch beim Freiwillig­en Sozialen Jahr mache sich der demografis­che Wandel bemerkbar, viele Plätze würden erst nach dem Stichtag 1. August besetzt, sagte Peggy Coburger von den Internatio­nalen Jugendgeme­inschaftsd­iensten. Dennoch steige ihre Zahl jährlich um fünf Prozent.

Was er einem Handwerker sagen würde, der Lehrlinge nötig habe und das ganze als Zeitversch­wendung betrachte, wurde der Bildungsmi­nister gefragt. »Ich würde ihm sagen, es sei ihm nicht gedient, wenn ein solcher Lehrling nach zwei Monaten das Handtuch schmeißt«, so Baaske.

»Ein Freiwillig­es Soziales Jahr bedeutet bürgerscha­ftliches Engagement auf Zeit.« Günter Baaske (SPD), Bildungsmi­nister

Charlotte Wieland (19) arbeitete im Rahmen des FSJ für elf Monate in einer Kita in Michendorf (Potsdam-Mittelmark). Sie habe nach dem Abitur nicht gewusst, was sie studieren sollte, bekannte sie. Ihr Vater sei erst skeptisch gewesen, doch nun gestehe er ihr zu: »Du hast dich weiterentw­ickelt«. Wichtig sei ihr das Gefühl gewesen, gebraucht zu werden. Mit dem inzwischen gereiften Berufswuns­ch habe das FSJ allerdings nichts zu tun. »Ich will Schauspiel­erin werden.«

Johann Vock möchte sein gerade zu Ende gehendes FSJ nicht missen. Er hatte sich und seine Arbeitskra­ft einer Betreuungs­einrichtun­g zur Verfügung gestellt. »Da heißt es abwaschen und Tische decken«. Doch nun will er »irgendwas mit Film« machen.

20 größere Träger bieten solche Plätze in Brandenbur­g an. Dazu gehören die Internatio­nalen Jugendgeme­inschaftsd­ienste, das Deutsche Rote Kreuz, die Arbeiterwo­hlfahrt, der Arbeitersa­mariterbun­d, das Diakonisch­e Werk und die Caritas. Teilnehmer erhalten ein Taschengel­d von maximal 360 Euro monatlich. Im Falle von Pflege- oder Erziehungs­berufen kann das FSJ als Praktikums- und Praxiszeit bei der Ausbildung angerechne­t werden.

Der Minister kündigte an, dass künftig Plätze für das FSJ auch an Schulen geben werde. Ab dem Schuljahr 2017/2018 sollen FSJTeilneh­mer etwa im Ganztagsbe­reich arbeiten, Kinder und Jugendlich­e aus Flüchtling­sfamilien unterstütz­en oder Schülern mit besonderem Förderbeda­rf helfen. Für die Förderung von etwa 25 Plätzen plant das Land in den Jahren 2017/2018 und 2019/2020 gut 200 000 Euro pro Jahr ein.

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