Nach 50 Metern rechts in den Graben abbiegen
Auf der A8 soll ein einzigartiges Straßenschild Autofahrer dazu bringen, sich nicht nach ihrem Navi zu richten
Da viele Navigationssysteme eine Baustelle auf der A8 in Baden-Württemberg nicht kennen, geben sie den Fahrern falsche Anweisungen. Das provoziert Unfälle. Auf der Autobahn A8 zwischen Karlsruhe und Stuttgart drängen sich die Fahrzeuge regelmäßig dicht an dicht. Seit Kurzem werden die Reisenden auf Höhe des Dreiecks Leonberg von Hinweisschildern überrascht, die bundesweit bisher einmalig sind. Zu sehen ist darauf das Wort »Navigation«, durchgestrichen mit einem dicken roten Balken, und der Hinweis, dass die Route nach Stuttgart und München geradeaus weiterführt. Das Schild soll die Kraftfahrer dazu anhalten, zumindest an dieser Stelle die Anweisungen gängiger Navigationssysteme nicht allzu wörtlich zunehmen.
»Bitte links einordnen«, so der Hinweis einer freundlichen Frauenstimme aus dem Navigationssystem, sofern der Fahrer ein Reiseziel eingegeben hat, für das eine Weiterfahrt auf der A8 in Richtung Stuttgart notwendig ist. Diese elektronische Aufforderung kann bei nicht ortskundigen Fahrern leicht panikartige Reaktionen mit gefährlichen Folgen auslösen. Denn rund um das Leonberger Dreieck ist derzeit eine größere Baustelle eingerichtet. Die meisten Navigationssys- teme verfügen jedoch nicht über diese Information. So versuchen Fahrer, die allzu blind den Hinweisen der Frauenstimme folgen, immer wieder hektisch auf die linke Fahrbahn zu gelangen – obwohl im Baustellenbereich alle drei Spuren in die gewünschte Richtung führen. Viele missachten dabei die durchgezogenen Linien.
Dieses Fahrverhalten habe in den vergangenen Wochen vor allem beim Spurwechsel überdurchschnittlich Gefahrensituationen heraufbeschworen und Unfälle ausgelöst, so ein Spre- Constantin Hack, Sprecher des Automobilclubs ACE cher des Regierungspräsidium Stuttgart gegenüber »nd«. Die Behörde habe daher nach Rücksprache mit der Verkehrspolizei die Hinweisschilder entworfen und deren Aufstellung veranlasst. Nach Abschluss der Bauarbeiten Ende September sollen sie wieder entfernt werden. Die Mahnung zur »Navi-freien« Zone sei die einzige Möglichkeit zur Unfallprävention, da man keinen Einfluss auf die Herstel- ler der Systeme habe. Das neue Schild gilt allerdings nicht als offizielles Verkehrszeichen oder Verbotsschild nach der Straßenverkehrsordnung. Die Autofahrer sollen durch den Hinweis lediglich sensibilisiert und dazu angehalten werden, verstärkt auf die Straßenschilder zu achten.
Die Aufstellung des Schildes sei »eine durchaus sinnvolle Initiative«, meint Constantin Hack, Sprecher des in Stuttgart ansässigen gewerkschaftsnahen Automobilclubs ACE. Sie könne Autofahrer auch zum Nachdenken darüber bringen, dass es nicht immer sinnvoll sei, stur den Anweisungen des Navi zu folgen. Immer komme es auch darauf an, mitzudenken und »den gesunden Menschenverstand walten zu lassen«. Navigationssysteme stützten sich auf sehr gute Straßenkarten, seien aber bei Sperrungen, Neubau oder Baustellen nicht immer auf dem modernsten Stand.
Auch bei plötzlich auftretendem Stau sei eine vom Navi angebotene Umleitung nicht immer hilfreich. »Dann bildet sich ein weiterer Stau in der Nebenstraße und die Anwohner sind genervt«, so Hack. Dies habe sich auch nach der Wiedereinführung von Grenzkontrollen zwischen Deutschland und Österreich gezeigt, als viele vermeintlich schlaue Autofahrer »Navi sei dank« kleine Grenzübergänge abseits der Autobahnen verstopft hätten. »Wer stur und geduldig auf der
»Es kommt immer darauf an, den gesunden Menschenverstand walten zu lassen.«
Spur bleibt, kommt nach Studien von Stauforschern mindestens genau so schnell, wenn nicht schneller ans Ziel«, so der ACE-Sprecher.
Auch wenn hierzu keine amtlichen Zahlen vorliegen, dürften nach vorsichtigen Schätzungen etwa zwei Drittel aller Fahrer im Urlaubs- und Gelegenheitsverkehr ein Navi benutzen. Experten warnen immer wieder, dass der Blick auf und das Hantieren mit einem Navi während der Fahrt zu Unachtsamkeit führen und Unfälle heraufbeschwören kann.