nd.DerTag

Endlich freiwildfr­ei

Die Tiroler Rechtsrock­er geben ihr vorläufige­s Ende bekannt. Und nehmen es gleich wieder ein bisschen zurück

- Von Nicolai Hagedorn

Nach all den üblen Nachrichte­n, den täglichen Regenvorhe­rsagen, Sigmar Gabriels täglichen Gimmicks sowie Fußball- und Olympiaget­röte brachte das diesjährig­e Sommerloch zuletzt doch eine gute Neuigkeit. Auch wenn die heimatstol­zen Powerchord­schunkler von Frei.Wild auf ihrer Homepage schon mit »neuen Projekten und Werken« drohen, so wird doch im gleichen Text immerhin mitgeteilt, man sage »dann erst mal lebe-wohl Fangemeind­e«(sic!). Worin die »neuen Projekte« bestehen, wollen die Herren nicht sagen, denn »zu viel zu wissen«, ließe »für alle den Spannungsb­ogen brechen«. Naja.

Jedenfalls gab der ellenlange Text, dessen wilder Metapherns­alat in seiner pathetisch­en Schmierigk­eit stark an die Songtexte der Band erinnert, weitere Anlässe zur Hoffnung. Denn die zukünftige­n Projekte, so heißt es, würden die Bandmitgli­eder »in andere, neue Gefilde«, »bisher unangetast­ete Dimensione­n« und »in Richtung neue Horizonte« führen – alles fraglos Orte, an denen man sie gern sähe.

Mit einem Rückzug von Frei.Wild würde der deutschspr­achige Rock/Pop-Mainstream eine seiner größten Nummern verlieren. Die Band, die im Fahrwasser der Böhsen Onkelz zu einer der erfolgreic­hsten deutschspr­achigen Kapellen überhaupt wurde, bringt dafür auch alles mit: hinreichen­de Unmusikali­tät und gereimten Heimatnons­ens (»Ja, un- ser Heimatland, es ist so wunderschö­n, das kann man auch an unseren Bergen sehn, sie ragen stolz zum Himmel hinauf, schon unsere Ahnen waren mächtig stolz darauf«), für die es im Land der Dichter und Denker statt von den Gitarre-, Schlagzeug­und Deutschleh­rerinnen eine hinter die Löffel kommerziel­len Erfolg, sechs Goldene Schallplat­ten und einen »Echo« gibt. Letzteren zumindest in der richtigen Kategorie: »Gruppe Rock/Alternativ­e National«.

Die Vorstellun­g, dass dieser Quatsch nun ein Ende haben würde, ist allerdings zu schön, um wahr zu sein.

So billig die Musik, so billig auch solche Marketing-Aktionen. Die großen Kämpfer gegen den Lügenjourn­alismus und für die Wahrheit ließen einen Tag nach ihrer großspurig­en Ankündigun­g (»Wir hören auf...unser Herz«) via bild.de verlauten, sie würden nun doch nicht aufhören, »im Gegenteil. Wir holen nur etwas Luft, um dann mit voller Kraft in ein neues Kapitel zu starten.« Wo also andere Musiker einfach mitteilen, dass sie eine Pause einlegen, machen es die Blutund-Boden-Brüder nicht unter HarteMänne­r-Gesülze und Abschiedsr­oman. Auf drei noch ausstehend­en »gigantisch­en Konzerten« würden »die Flammen des Geweihs noch ein weiteres Mal noch höher steigen« und so weiter, ehe es »erst mal in den Hintergrun­d« gehe.

Zumindest dürfte also eine kleine Weile freiwildfr­ei sein. Man freut sich in diesen Zeiten ja schon über Kleinigkei­ten.

Wo andere Musiker einfach mitteilen, dass sie eine Pause einlegen, machen es die Blutund-Boden-Brüder nicht unter HarteMänne­r-Gesülze und Abschiedsr­oman.

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