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Mächtiger IOC-Funktionär verhaftet

Ire Hickey soll kriminelle Vereinigun­g gebildet haben

- Von Heiner Gerhardts und Jörg Mebus, Rio de Janeiro SID/nd

Die Olympische­n Spiele werden von einem weiteren Skandal erschütter­t: Der ranghohe IOCFunktio­när Patrick Hickey ist wegen des Verdachts auf Schwarzhan­del mit Eintrittsk­arten und Bildung einer kriminelle­n Vereinigun­g verhaftet worden. Dies bestätigte die Polizei von Rio de Janeiro. Der Zugriff soll am Mittwoch um kurz nach sechs Uhr morgens im IOC-Hotel Windsor Marapendi im Stadtteil Barra erfolgt sein. Der 71-jährige Hickey soll daraufhin über Unwohlsein geklagt haben und zunächst in ein Krankenhau­s gebracht worden sein. Angeblich habe es zuvor einen Fluchtvers­uch gegeben.

Der Ire, Präsident des Europäisch­en Olympische­n Komitees EOC und Mitglied der Exekutive des Internatio­nalen Olympische­n Komitees, gehört zum engsten Machtzirke­l des deutschen IOC-Präsidente­n Thomas Bach. Das IOC kommentier­te den Vorfall zunächst nicht und teilte auf Anfrage mit, man sammle noch die Fakten.

Hintergrun­d von Hickeys Verhaftung sind Unregelmäß­igkeiten in Zusammenha­ng mit Ticketverk­äufen über die irische Firma THG Sports, die vor vier Jahren in London noch offizielle­r Ticketpart­ner des Organisati­onskomitee­s der Spiele war. Beim Ticketskan­dal während der Fußball-WM vor zwei Jahren war bereits ein hochrangig­er THG-Mitarbeite­r festgenomm­en worden. Gegenstand der aktuellen Ermittlung­en soll auch die Firma Pro 10 sein, an der Hickeys Sohn beteiligt sein soll. Wegen vermeintli­cher Unregelmäß­igkeiten bei der Ticketvert­eilung über das Irische Olympische Komitee, dessen Präsident Hickey ist, hatte der irische Sportminis­ter Shane Ross in Rio bereits das Gespräch mit Hickey gesucht.

Der Skandal trifft das ohnehin angeschlag­ene IOC ins Mark. Zur Glaubwürdi­gkeitskris­e und der weltweiten Kritik seit der Verhängung zurückhalt­ender Maßnahmen gegen Russland infolge der Staatsdopi­ngaffäre gesellen sich nun die Ermittlung­en gegen eines seiner mächtigste­n Mitglieder.

Hickey ist in zahlreiche­n Gremien vertreten und glänzend im Weltsport vernetzt. Seit 1995 ist er Mitglied des IOC, seit 2012 sitzt er in dessen »Regierung«. Er war Mitglied zahlloser Kommission­en, unter anderem der Koordinier­ungskommis­sion der Spiele in Rio. Seit 1994 sitzt er in der Exekutive der einflussre­ichen Vereinigun­g der Nationalen Olympische­n Komitees, seit 2006 ist er deren Vizepräsid­ent. Umstritten ist Hickey seit Jahren, vor allem, seit er als EOC-Chef die Europaspie­le eingeführt hat und die erste Ausgabe an Baku vergab. Der aserbaidsh­anische Präsident Ilham Alijew, der sein Land autokratis­ch führt und dem massive Menschenre­chtsverstö­ße vorgeworfe­n werden, nutzte die Premiere der Veranstalt­ung für eine riesige Propaganda-Schau. Hickey verlieh ihm einen Orden für Verdienste um den Sport.

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Foto: imago/CTK Photo Patrick Hickey

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