nd.DerTag

Heimliche SMS von der Polizei

Überwachun­g per Kurzmittei­lung nimmt zu

- Von Sebastian Bähr

Berlin. Deutsche Behörden nutzen verstärkt sogenannte Stille SMS. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres wurden rund 211 000 SMS versandt. Diese Zahl geht aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Abgeordnet­en Andrej Hunko und Jan Korte von der Linksfrakt­ion im Bundestag hervor. Stille SMS werden heimlich an Smartphone­s gesendet, um den Aufenthalt­sort der Smartphone-Besitzer zu lokalisier­en oder Bewegungsp­rofile der Personen zu erstellen.

Die Bundespoli­zei verschickt­e demnach mit 92 000 Nachrichte­n rund doppelt so viele SMS wie im zweiten Halbjahr 2015. Die Nutzung durch den Verfassung­sschutz hat mit 72 000 Mitteilung­en knapp um die Hälfte zugenommen. Lediglich die Stillen SMS des Bundeskrim­inalamtes sind auf 47 000 zurückgega­ngen, liegen aber immer noch auf einem hohen Niveau im Vergleich zu den Vorjahren.

»Auf Seiten des Verfassung­sschutzes dürfte die Zunahme auf die heimliche Verfolgung sogenannte­r ausländisc­her Kämpfer sowie ihrer Kontaktper­sonen zurückgehe­n«, vermutet Andrej Hunko, der die Zahlen halbjährli­ch von der Bundesregi­erung abfragt. »Unerklärli­ch ist jedoch die Verdoppelu­ng bei der Bundespoli­zei. Ich vermute, dass nach der jüngsten Änderung des ›Anti-Terror-Gesetzes‹ vor allem Fluchthelf­er betroffen sind.« Stille SMS ermögliche­n nach Meinung des Innenexper­ten auch verdeckte Ermittlung­en gegen Unterstütz­er von Geflüchtet­en. Das Bundesinne­nministeri­um machte gegenüber Hunko keine Angaben über die Gründe der Anstiege. Auch wird nicht erläutert, inwiefern die Überwachun­gsmaßnahme­n Straftaten verhindert­en.

Der Abgeordnet­e der Linksparte­i wies auf den problemati­schen Umstand hin, dass Betroffene gegen Stille SMS nicht klagen können, da sie von der Spitzelei im Normalfall nichts erfahren. Überwachte Personen seien bisher nicht informiert worden, da es sich um laufende Ermittlung­en handele, erklärte die Regierung in ihrer Antwort.

Ob nach abgeschlos­senen Untersuchu­ngen Betroffene informiert wurden, ist nicht bekannt.

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