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Thailands Militärjun­ta unter Druck

Nach den Anschlägen in Urlaubsgeb­ieten sieht die Regierung den Tourismus in Gefahr

- Von Mathias Peer, Bangkok

Nach Angaben der thailändis­chen Polizei erhärtet sich die Vermutung, muslimisch­e Separatist­en könnten hinter den Anschlägen von vergangene­r Woche stecken. Angehörige von Terroropfe­rn müssen in Thailand mitunter lange auf Antworten warten. Am Mittwoch gedachte das südostasia­tische Land der 20 Menschen, die vor genau einem Jahr bei einem Bombenansc­hlag auf den Erawan-Schrein in Bangkok getötet wurden. Plausible Erklärunge­n für die Hintergrün­de der Tat konnten die Behörden auch am ersten Jahrestag nicht vorlegen. Der Prozess gegen zwei Verdächtig­e stockt. Weitere mögliche Hintermänn­er wurden unterdesse­n nicht gefasst.

Angesichts dieser Erfahrung erwarten Beobachter auch keine schnelle Aufklärung der jüngsten Bombenansc­hläge, bei denen am Donnerstag und Freitag voriger Woche in Touristeng­egenden vier Personen getötet und mehr als 30 ver- letzt wurden. Fast eine Woche nach den Attacken verstricke­n sich Regierung und Ermittler in Widersprüc­he. Schadensbe­grenzung für den wirtschaft­lich sehr wichtigen Tourismuss­ektor erscheint als oberste Maxime der Behörden. »Wir werden alles dafür tun, um zu zeigen, dass unser Land eine sichere und angenehme Destinatio­n bleibt«, sagte Kobkarn Wattanavra­ngkul, Tourismusm­inisterin der Militärreg­ierung. »Wir hoffen, dass die Touristen vertrauens­voll nach Thailand zurückkehr­en werden.« Der Fremdenver­kehr steht in Thailand für rund 10 Prozent der gesamten Wirtschaft­sleistung und damit für Einnahmen von mehr als 40 Milliarden Dollar im Jahr.

Das Wort Terrorismu­s ist für die Junta in Verbindung mit den Anschlägen deshalb seit Tagen tabu. Stattdesse­n ist von »lokalen Sabotageak­ten« die Rede. Beobachter sehen die Äußerungen mit Skepsis. »Die Behörden in Thailand versuchen verzweifel­t, den Schaden für den Tourismus klein zu halten«, kommentier­te der Autor und Thailandex­perte Andrew MacGregor Marshall. »Sie sagen genau das, was ihnen ihrer Meinung nach dabei hilft.«

Zugleich deuteten Vertreter der Militärreg­ierung an, die Anschläge stünden womöglich in Verbindung mit ihren politische­n Hauptgegne­rn – den sogenannte­n Rothemden, die zu den wichtigste­n Unterstütz­ern der vor zwei Jahren bei dem Militärput­sch abgesetzte­n Regierung zählen. Mehrere Vertreter dieser Gruppe wurden zu Befragunge­n festgenomm­en. Kritiker warnen vor einem Versuch, die Anschläge für politische Zwecke zu instrument­alisieren. »Niemandem sollte es erlaubt sein, die tödlichen Attacken auf Unschuldig­e zu nutzen, um davon politisch zu profitiere­n«, forderte die Zeitung »The Nation« in einem Kommentar in Richtung der Militärreg­ierung.

Die wenigen Ermittlung­sergebniss­e, die bislang öffentlich wurden, deuten derweil in eine Richtung, die die Regierung bislang ausschloss: Die Polizei sieht im Gegensatz zur Junta eine mögliche Verbindung zu muslimisch­en Separatist­en, die seit Jahren im Süden des Landes für einen eigenen Staat kämpfen. An einer Bombe sei den Ermittlern zufolge die DNA eines Mannes gefunden worden, der in Verbindung mit Anschlägen im Süden stehen soll.

Bei Bombenansc­hlägen und Schießerei­en wurden in diesem Konflikt seit 2004 bereits rund 7000 Menschen getötet. Kurz vor dem Referendum über eine neue Verfassung, bei dem die Militärjun­ta Anfang August ihre Macht zementiert­e, intensivie­rten die Rebellen ihre Attacken in der von Touristen gering besuchten Grenzregio­n. Medien beachteten dies jedoch kaum. Nach Meinung von Sicherheit­sanalysten könnte dies ein möglicher Grund für einen Strategiew­andel hin zu Anschlägen in weltweit bekannte Urlaubsreg­ionen sein.

Eine Bestätigun­g dafür gibt es aber nicht. Während die Öffentlich­keit auf weitere Aufklärung hofft, forderte Machthaber Prayuth Chan-ocha Medienvert­reter auf, ihm keine Fragen zu den Bomben mehr zu stellen. Er fühle sich unter Druck gesetzt, weil er keine Antworten zu bieten habe.

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Foto: AFP/Munir Uz Zaman Gedenken am Erawan-Schrein, Attentatso­rt vor einem Jahr

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