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Buhari enttäuscht junge Nigerianer

Der Hoffnungst­räger vor der Wahl zeigt sich nach der Wahl zum Präsidente­n als verknöcher­ter Bürokrat

- Von Anne Gonschorek, Kapstadt

Die einst größte Wirtschaft Afrikas schrumpft, während die Arbeitslos­igkeit steigt und die Währung an Wert verliert. Die jungen Nigerianer fühlen sich im Stich gelassen. Vor den Präsidents­chaftswahl­en im vergangene­n Jahr glaubte die nigerianis­che Jugend noch fest daran, dass der ehemalige Militärdik­tator Muhammadu Buhari den ersehnten Wandel bringen würde. Allzu lang hatte Vorgänger Goodluck Jonathan die Korruption walten und seine Verantwort­ungen schleifen lassen.

Viele Nigerianer ergriffen deshalb die Chance, sich zum ersten Mal in ihrem Leben an einem Wahlkampf zu beteiligen und warben für Buharis Kampagne. Als ihr Kandidat dann am 29. März 2015 gewann, lag auf einmal Hoffnung in der Luft. »Es war das erste Mal in der nigerianis­chen Geschichte, dass eine amtierende Regierung durch eine öffentlich­e Wahl abgelöst wurde«, schreibt der nigerianis­che Journalist Yomi Kazeem auf dem Nachrichte­nportal Quartz Africa. »Junge Menschen fühlten sich wirklich mächtig und glaubten, dass sie eine große Rolle in der Festlegung ihrer Zukunft gespielt hatten.«

Der Präsident hob dies am Tag der Jugend dann auch besonders hervor. »Die Rolle, die junge Nigerianer in der historisch­en Wahl spielten, die unsere Regierung an die Macht brachte, wird nie vergessen werden«, versprach er den Zuhörern. »Diese Regierung gehört euch.«

Die ersten 15 Monate seiner vier Jahre langen Amtszeit brachten dann jedoch viel Enttäuschu­ng. »Seit über einem Jahr hält der Präsident an der Prämisse fest, dass Befehl und Kontrolle der einzige Ausweg sind«, sagt die ehemalige Bildungsmi­nisterin Oby Ezekwesili. Seine »archaische und undurchsic­htige« Wirtschaft­spolitik begünstige nicht nur Korruption, sondern schade auch den Armen, denen sie eigentlich helfen solle. Seine Strategie brachte Nigeria nicht nur an den Rand der Rezession, sondern ließ auch den Naira abstürzen, die Währung des Landes. Nigeria verlor so sehr an Wirtschaft­skraft, dass die westafrika­nische Nation ihren Titel als Afrikas größte Wirtschaft an Südafrika zurückgebe­n musste.

Auch eines der größten Wahlverspr­echen konnte Buhari bisher nicht einhalten. Bis Ende 2015 wollte der jetzt 73-Jährige der Terrorherr­schaft Boko Harams im Norden Nigerias ein Ende bereitet haben. Stattdesse­n kämpft das Militär inzwischen an zwei Fronten, denn eine neue Miliz bedroht nun auch die Erdölleitu­ngen im Süden des Landes. Die Erdölprodu­ktion sank im Juli um 40 000 Fass pro Tag auf 1,52 Millionen Fass – ein Tiefpunkt, wie ihn die Nation schon seit drei Jahrzehnte­n nicht mehr gesehen hat.

Durch diese Unsicherhe­it und das immer weiter schwindend­e Vertrauen in die Regierung haben nun auch Investoren begonnen, sich zurückzuzi­ehen. Obwohl Buhari noch über zwei Jahre lang Zeit hat, sein Land wieder ins Lot zu bringen, haben seine Bürger ihn inzwischen weitestgeh­end aufgegeben. »Das allgemeine Gefühl ist, dass sich seine sture Einhaltung von Richtlinie­n und Rhetorik, die bereits 1984 während seiner Militärdik­tatur scheiterte­n, auch 30 Jahre später nicht als viel nützlicher erweisen werden«, schreibt Kazeem. Er glaubt, dass der nächste Urnengang erheblich weniger Wahlbeteil­igung sehen wird. Wie viele andere afrikanisc­he Nationen ist Nigerias Bevölkerun­g nämlich sehr jung: Über 60 Prozent sind unter 25 Jahre alt, das Durchschni­ttsalter liegt bei 18 Jahren. Gegner Buharis versuchten zu argumentie­rten, er sei zu alt für das Präsidente­namt, doch das junge Wählervolk glaubte daran, dass Alter für einen kompetente­n, disziplini­erten Anführer voller Rechtschaf­fenheit kein Kriterium sei. Nun fühlen sie sich getäuscht.

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Foto: AFP/Leon Neal Präsident Buhari

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