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Trumps neuer Stinkefing­er

Präsidents­chaftskand­idat baut Wahlkampft­eam um

- Von Olaf Standke

Roger Ailes wird Donald Trump nicht beraten. Sagt jedenfalls das Wahlkampft­eam des republikan­ischen Präsidents­chaftskand­idaten. Die von der »New York Times« ins Spiel gebrachte Personalie hatte in den USA für einiges Aufsehen gesorgt. Schließlic­h war Ailes Chef des erzkonserv­ativen Nachrichte­nsenders Fox News und musste unlängst nach dem Vorwurf des sexuellen Missbrauch­s dort seinen Hut nehmen. Er hatte einst die Präsidente­n Reagan und Bush sen. beraten. »Die beiden sind zwar alte Freunde, aber er hat weder eine formelle noch eine informelle Rolle in der Kampagne«, betonte Trump-Sprecherin Hope Hicks gegenüber der »Washington Post«.

Aber kräftig gewechselt wurde im Umfeld des Kandidaten schon. Paul Manafort bleibt zwar offiziell Kampagnenc­hef, praktisch aber wurde er in die zweite Reihe versetzt bzw. aus der medialen Schusslini­e genommen, ist er doch durch seine dubiosen Beratungsg­eschäfte in Kiew mindestens so angeschlag­en wie der Kandidat selbst. Trump sackte in den Umfragewer­ten dramatisch ab.

Stephen »Steve« Bannon soll es nun richten. Der bisherige Chef einer von Bürgerrech­tlern als zutiefst rassistisc­h gebrandmar­kten Website fischt radikal am äußers-

»Stephen Bannon ist der Stinkefing­er an das republikan­ische Establishm­ent.«

»Washington Post« über Trumps Wahlkampfc­hef ten rechten Rand und wettert gegen das politische Establishm­ent, auch das der »Grand Old Party«. Und gegen die Clintons sowieso. Er soll Trump auch schon in den letzten Monaten in jedes nur denkbare Fettnäpfch­en gedrängt haben. Nach dem Motto: Je mehr rücksichts­loser Außenseite­r und Quertreibe­r, um so besser. Nicht nur die »Washington Post« geht davon aus, dass der Wahlkampf nun noch schmutzige­r werden dürfte: »Große Veranstalt­ungen, brutale Kämpfe mit Clinton, größtmögli­che Betonung von Nationalis­mus und Populismus«, all das erwarten auch andere Kommentato­ren.

Oder wird alles anders? Michael Moore wäre nicht Michel Moore, hätte er nicht seine ganz eigene Theorie: Donald Trump wollte eigentlich nie Präsident werden, er wollte nur mehr Geld für seine viel gesehene NBC-Show, schreibt der Filmemache­r in der der US-amerikanis­chen »Huffington Post«. Und eine groß angekündig­te Kandidatur fürs Weiße Haus sollte seine Verhandlun­gsposition stärken. Nachdem es wegen der rassistisc­hen Ausfälle auf seiner ersten Pressekonf­erenz statt des erhofften Millionend­eals aber die TV-Kündigung gegeben habe, zugleich jedoch seine Beliebthei­t bei den republikan­ischen Wählern durch die Decke geschossen sei, habe er weitergema­cht – ins Fernsehen kam er ja auch so.

Nur, als es dann wirklich ernst wurde und seine Entgleisun­gen im Fall eines gefallenen muslimisch­en Soldaten oder der Aufruf an die Waffenlobb­y, seine Konkurrent­in Hillary Clinton zu beseitigen, endgültig das Ende seines Höhenflugs einläutete­n, habe er wohl erkannt, dass er aussteigen müsse, um nicht als weltweite Witzfigur und Loser zu enden – schon gar nicht am Abend des 8. November, nachdem die Wahllokale geschlosse­n haben. Und so deutet Moore in der im eigenen Art die fast täglichen »widerliche­n, rücksichts­losen Aussagen« Trumps als Teil einer Exitstrate­gie der Selbstdemo­ntage, sozusagen als Vorlagen für die republikan­ischen Granden, doch noch die Reißleine zu ziehen.

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