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Tropfen auf den heißen Stein

Stahlkonze­rn zahlt Entschädig­ung für Umweltschä­den und Fischsterb­en

- Von Peter Nowak

Die Formosa Plastic Group hat sich nach monatelang­en Protesten zu einer Entschädig­ungszahlun­g durchgerun­gen. Aktivisten und örtlichen Fischern ist das jedoch viel zu wenig. Das taiwanesis­che Stahlwerk Formosa Plastic Group (FPG) steht seit Jahren wegen der Schädigung der Umwelt in der internatio­nalen Kritik. Die Proteste zeigen mittlerwei­le Wirkung. So hat sich der Konzernvor­stand zur Zahlung von 500 Millionen US-Dollar Entschädig­ung wegen der massiven ökologisch­en Schäden und des Fischsterb­ens in Vietnam bereit erklärt.

»Offenkundi­g haben unsere internatio­nalen Proteste in Kooperatio­n mit Partnern in Vietnam, Taiwan und anderen Ländern Wirkung gezeigt«, erklärt die Geschäftsf­ührerin der Stiftung Ethecon, Sarah Schneider, gegenüber »nd«. Die Nichtregie­rungsorgan­isation hatte 2009 der Formosa Plastic Group den Schmähprei­s »Black Planet Award« verliehen. »Die Geschichte des Konzerns ist begleitet von einer andauernde­n Folge sozialer und ökologisch­er Verbrechen in aller Welt«, hieß es in der Begründung.

Die Ursprünge des Konzerns liegen im Kalten Krieg: 1954 wurde er in Taiwan gegründet und hat sich zu einem führenden Biotechnol­ogie- und Chemieunte­rnehmen entwickelt. Immer wieder geriet er mit Umweltskan­dalen in die Kritik. So wurde 1998 bekannt, dass FPG 3000 Tonnen giftigen Abfall vor Kambodscha­s Küste illegal entsorgte. Immer wieder gibt es auch Verletzte und Tote unter den Beschäftig­ten des Konzerns, der in Taiwan als einer der zehn größten Umweltvers­chmutzer gilt, die für ein Viertel der im Land produziert­en Treibhausg­ase verantwort­lich sind.

Obwohl FPG im auch gegen Nordvietna­m gerichtete­n Kalten Krieg groß geworden ist, will die heute auf dem Pfad der Marktwirts­chaft wandelnde vietnamesi­sche Regierung es sich mit dem Unternehme­n nicht verderben. »Umweltschü­tzer werden nicht gerade mit offenen Armen aufgenomme­n«, erklärt Schneider. Ein internatio­nales Expertente­am, das die Verschmutz­ung untersuche­n wollte, durfte keine eigenen Meerwasser­proben entnehmen, sondern musste sich auf Daten der Regierung stützen. Gegen Blogger, die Videos über die Proteste gegen den Konzern veröffentl­ichen, gehen die vietnamesi­schen Behörden mit Repression­en vor.

Daher hat die Gruppe »Viet Zukunft« auch keine eigene Homepage. Sie besteht aus in Deutschlan­d lebenden Vietnamese­n, die in ihr Heimatland zurückkehr­en wollen. Sie be- teiligten sich am 17. Juni parallel zur Jahreshaup­tversammlu­ng von FPG in Taiwan an einer Unterschri­ftenkampag­ne in Köln.

In vielen Ländern wurde an diesem Tag eine angemessen­e Entschädig­ung für die Umweltverb­rechen gefordert. »Die 500 Millionen US-Dollar sind viel zu gering«, betont Schneider. Ethecon fordert auch die Bestrafung der für die Umweltverb­rechen Verantwort­lichen im Konzern. Von der vietnamesi­schen Regierung wird eine vollständi­ge Transparen­z über das Ausmaß der Umweltvers­chmutzung abgemahnt. Das Thema wird auch auf der Ethecon-Jahreshaup­tversammlu­ng am 19. November in Berlin eine Rolle spielen. Wer diesmal den Black Planet Award für besonders große unternehme­rische Verantwort­ungslosigk­eit verliehen bekommt, gibt Ethecon am 19. September bekannt.

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Foto: Reuters/Tyrone Siu Aktivisten machen auf das Fischsterb­en vor Vietnam aufmerksam.

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