nd.DerTag

Kurs halten

Hans-Gerd Öfinger über Phantomsch­merz bei der Bahn

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Beim Kampf gegen die Bahnprivat­isierung hat sich keiner der zuständige­n Gewerkscha­ftsvorstän­de in den letzten Jahrzehnte­n mit Ruhm bekleckert. So wurden vom »System Hansen« in der damaligen DGB-Gewerkscha­ft und EVG-Vorgängero­rganisatio­n Transnet Kritiker eines Börsengang­s systematis­ch ausgegrenz­t, gemobbt und als Gegner einer einheitlic­hen Bahn denunziert. Hansens Seitenwech­sel in den DBVorstand 2008 zeigte, wessen Interessen er im Blick hatte.

Aber auch die GDL blieb dem Aktionsbün­dnis gegen die Bahnprivat­isierung fern, propagiert­e das auch von der Industriel­obby favorisier­te Modell einer Aufspaltun­g von Netz und Betrieb und teilte Illusionen in die vermeintli­chen Segnungen einer Liberalisi­erung des Schienenve­rkehrs. Dies mag den Organisati­onsinteres­sen einer Berufsgewe­rkschaft dienen, die in kleineren Firmen mehr Gewicht hätte. Vernünftig ist es deshalb noch lange nicht.

Engagierte Gewerkscha­fter wissen zu schätzen, dass sich die Linksparte­i klar gegen Privatisie­rung und Zerschlagu­ng positionie­rt. Damit kann sie einen Anstoß für eine neue Bewegung gegen die Bahnprivat­isierung geben, die europaweit ausstrahlt. Die Übernahme der griechisch­en Bahn OSE durch die italienisc­he FS, die ihrerseits an die Börse gehen soll, unterstrei­cht die Dringlichk­eit einer internatio­nalen Gegenwehr. Dafür ist es aber geboten, Kurs zu halten und nicht vermeintli­ch pragmatisc­hen Scheinlösu­ngen und Trennungsp­arolen nachzulauf­en. Dies sind wir auch den Gewerkscha­ften und Labour-Chef Jeremy Corbyn im britischen Mutterland der Bahnprivat­isierung schuldig. Sie kämpfen beharrlich für die Zusammenfü­hrung und Wiedervers­taatlichun­g des fragmentie­rten Eisenbahnw­esens unter öffentlich­em Dach.

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