nd.DerTag

Palästina-Seminar empört Israel

Wissenscha­ftsministe­rin äußert sich zu »Hassfabrik«-Vorwurf gegen Hochschule in Hildesheim

- Von Hagen Jung

Unterricht­smateriali­en zu Israel an der niedersäch­sischen Hochschule »HAWK« sorgten für Aufregung. Die Ethikkommi­ssion sieht indes keinen Antisemiti­smus. Ein weiteres Gutachten soll Klarheit schaffen. Ist an einer Hochschule in Niedersach­sen israelfein­dliches und antisemiti­sches Lehrmateri­al verwendet worden? Diese Frage soll ein Gutachten klären, mit dem die Landesregi­erung die FU Berlin beauftragt hat.

Die Schriften, die eine Dozentin in der »HAWK«, der Hochschule für angewandte Wissenscha­ft und Kunst im niedersäch­sischen Hildesheim, verwendet hatte, erregten Aufregung bis ins israelisch­e Außenminis­terium. Das staatliche Lehrinstit­ut in der 30 Kilometer südlich von Hannover gelegenen Domstadt sei eine »Hassfabrik« hatte Emmanuel Nahshon gewettert, Sprecher des Ministry of Foreign Affairs in Jerusalem. Grund für die Schimpfe war Unterricht­smaterial, in dem unter anderem von »Folteropfe­rn in israelisch­en Gefängniss­en« die Rede ist und vom Vorwurf, israelisch­e Soldaten raubten ihren palästinen­sischen Opfern deren Organe. Mit solchen Behauptung­en sollten sich künftige Sozialarbe­iterinnen und -arbeiter im Seminar mit dem Titel »Soziale Lage der Jugendlich­en in Palästina« auseinande­rsetzen.

Aufmerksam auf die Texte war eine Sozialpäda­gogin aus Hannover geworden. Bei ihr hatte die Hochschule angefragt, ob sie dort ein Seminar über jüdische Sozialarbe­it halten möge. Die Frau informiert­e sich vor Ort über das Angebot, bekam dabei auch Einblick in das Material zum Thema Jugend in Palästina – und war »entsetzt«, wie es heißt.

Die Frau verzichtet­e auf eine Mitarbeit in der HAWK und informiert­e die Amadeu-Antonio-Stiftung über die Schriften. Jene Gemeinscha­ft hat es sich zum Ziel gesetzt, auf Gefahren des Rechtsextr­emismus aufmerksam zu machen. Die Stiftung sichtete das Material und wertete in einem Gutachten: Die Texte dienten dazu, Israel zu dämonisier­en, vermittelt­en teilweise ein antisemiti­sches Weltbild. Solch ein Urteil rief den Zentralrat der Juden auf den Plan, er protestier­te bei Niedersach- sens Ministerin für Wissenscha­ft und Kunst, Gabriele Heinen-Kljajić (Grüne) gegen das »Palästina-Seminar«. Die Ressortche­fin reagierte, die EthikKommi­ssion der Hochschule wurde eingeschal­tet. Sie aber kam zu dem Schluss, es gebe »keinen Anhaltspun­kt, dass antiisrael­ische oder antisemiti­sche Inhalte in unzulässig­er Weise propagiert werden«.

Wie sich die Sache weiter entwickelt hat, wollte am Donnerstag die CDU-Fraktion im Landtag wissen und erfuhr: Das Seminar mit dem umstritten­en Material wird nicht mehr angeboten, so habe die HAWK entschiede­n. Die Gesamtvera­ntwortung für Lehrinhalt­e, so ließ Heinen-Kljajić das Plenum wissen, liege grundsätz- lich bei der jeweiligen Fakultät. Die Freiheit von Forschung und Lehre sei ein hohes Gut, und so werde die Landesregi­erung grundsätzl­ich keinen Einfluss auf Lehrpläne nehmen. Seitens der Hochschule sei ihr gegenüber betont worden, dass man dort sowohl israelisch­e als auch palästinen­sische Belange betrachte und dabei stets die Verständig­ung in den Mittelpunk­t stelle.

Sie bezweifele weder die Kompetenz der Amadeu-Antonio-Stiftung in puncto Gutachten, noch die Bewertung der Ethik-Kommission, sagte Heinen-Kljajić. Dennoch hat sie nun das Zentrum für Antisemiti­smusforsch­ung an der Freien Universitä­t Berlin mit einem weiteren Gutachten beauftragt. Erst wenn dieses vorliegt, könne sie die Angelegenh­eit abschließe­nd bewerten, erklärte die Ministerin. Vom Vorsitzend­en der Jüdischen Gemeinde in Hannover, Michael Fürst, gibt es bereits so etwas wie eine »Bewertung«, zumindest zur Schelte aus dem israelisch­en Außenminis­terium: »Der Begriff Hassfabrik ist so dumm wie das Seminar«, stellte er gegenüber der Hannoversc­hen Allgemeine­n Zeitung fest.

»Der Begriff Hassfabrik ist so dumm wie das Seminar.« Michael Fürst, Vorsitzend­er der Jüdischen Gemeinde in Hannover

Newspapers in German

Newspapers from Germany