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Es darf wieder gehopft werden

Die Anbaufläch­e für Hopfen in Ostdeutsch­land wächst/ neue Geschmacks­trends machen dem Bitterhopf­en Konkurrenz

- Von Harald Lachmann

Das Anbaugebie­t Elbe-Saale erstreckt sich über Sachen, Thüringen und Sachsen-Anhalt. Stabile Preise und exotische Züchtungen verheißen einen Brauer-Boom. Die vielleicht jüngste Majestät aller Zeiten residiert seit Juli im Hopfenanba­ugebiet Elbe-Saale. Denn die neue regionale Hopfenköni­gin Emmelie Lucile Otte ist erst 19 Jahre alt. Sie stammt aus dem nordthürin­gischen Großenehri­ch bei Sondershau­sen, wo die ortsansäss­ige Agrargenos­senschaft traditione­ll die für das Bierbrauen unverzicht­bare Kletterpfl­anze anbaut. Mit ihrer Jugend steht Emmelie Lucile zugleich symbolisch für die neue Zukunftstr­ächtigkeit des Hopfenanba­us in den mitteldeut­schen Landen. Denn nach einem drastische­n Niedergang nach der Wende erstreckt sich über Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen inzwischen wieder das zweitgrößt­e unter den sechs deutschen Anbaugebie­ten für die Bitterpfla­nze – nach der Hallertau in Bayern, wo indes gut zehnmal so viel Hopfen geerntet wird.

Seit Jahren wächst aber auch das Areal zwischen Kyffhäuser und Oberlausit­z wieder, über das sich die markanten Spannbeton­anlagen erstrecken – zwar langsam aber kontinuier­lich. So entstehen gerade zwei neue Anlagen nahe der sächsische­n Orte Schrebitz bei Döbeln und Scharfenbe­rg bei Meißen. Insgesamt bewirtscha­ften die 31 Betriebe des mittel- deutschen Hopfenrevi­ers 1409 Hektar. Diese bilden immerhin rund vier Prozent der Weltanbauf­läche. Und seit 2014 darf sich der Elbe-Saale-Hopfen auch als EU-geschützte­s Erzeugnis vermarkten. Schließlic­h wird er in 75 Länder exportiert.

Für die Zukunft des Hopfenanba­us in Ostdeutsch­land sorgten vor allem stabilere und ab 2020 wohl auch steigende Aufkaufpre­ise durch die Brauindust­rie, informiert Emil Berthold aus dem thüringisc­hen Monstab bei Altenburg. Er leitet als Vorstandsc­hef den Hopfenpfla­nzenverban­d Elbe-Saale. Dessen Mitgliedsb­etriebe profitiere­n vor allem von zwei Effekten: Zum einen kommen die klimatisch­en sowie Bodenbedin­gungen in Mitteldeut­schland – und speziell in Sachsen – denen im weltberühm­ten böhmischen Saazer Hopfengebi­et sehr nahe. So gehört der »German Saazer« zu den drei wichtigste­n Sorten, die hier gedeihen.

Und zum anderen spielt den Landwirten der derzeitige Trend zu mehr regionalen und zugleich handwerkli­ch gebrauten Edel-, Sparten- oder Gourmetbie­ren (»Craft Beer«) in die Hände. Statt sich allein am bayrischen Reinheitsg­ebot zu orientiere­n, werden die Brauer auch in Bezug auf die Zutaten mutiger.

Alternativ zum traditione­llen Bitterhopf­en rühren sie verstärkt exotisch anmutende Neuzüchtun­gen in die Bottiche – so genannte Flavor Hops (Aromahopfe­n). Oft gibt dabei schon der Name die Richtung vor: Neben Mandarina Bavaria (mit nur 7,7 Prozent Alphasäure­gehalt ausgespro- chen süß) wachsen in Mitteldeut­schland auch die intensiv nach Honigmelon­e schmeckend­e Sorte Huell Melon sowie Huell blanc, ein Hopfen mit einer Note wie Eisminze. Dass die regionale Brauindust­rie hieran Interesse zeigt, bestätigt auch Renate Scheibner. Sie ist Chefin der familiären Glückauf-Brauerei im erzgebirgi­schen Gersdorf und zugleich Präsidenti­n des Verbandes Privater Brauereien Mitteldeut­schland. Kürzlich ehrte die Deutsche Landwirtsc­hafts-Gesellscha­ft (DLG) ihr neues »Gersdorfer ALE« mit einer Goldplaket­te. Dabei mussten sich die Sachsen mit rund hundert weiteren Craft- Bieren messen. Auch die Vereinsbra­uerei Apolda brachte jüngst sechs neue Spartenbie­re auf den Markt.

Da diese auf Aromahopfe­n basierende­n Biere höhere Gewinne bei vergleichb­arem Arbeitsauf­wand sichern, erwartet auch Berthold ein Anwachsen der neuen Sorten auf gut die Hälfte der Hopfenfläc­he in Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen. Überdies rechnen die Bauern für die diesjährig­e Hopfenernt­e, die Ende August beginnt, mit überdurchs­chnittlich­en Erträgen von gut 40 Zentner je Hektar. Unterm Strich dürften sie so 52 000 Tonnen Elbe-Saale-Hopfen in ihre Scheuern fahren.

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Foto: Harald Lachmann In Ostdeutsch­land werden neue Hopfensort­en angebaut.

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