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Drei Farben Berlin

SPD, LINKE und Grüne einigen sich auf Koalitions­vereinbaru­ng

- mkr

Berlin. Vertreter von SPD, Linkpartei und Grünen haben sich in Berlin auf die Bildung eines gemeinsame­n Senats geeinigt, der die bisherige SPD-CDU-Koalition ablösen soll. Bis zum späten Mittwochna­chmittag verhandelt­en die Delegation­en; am frühen Abend wurde ein Durchbruch verkündet. Der mehr als 270 Seiten lange Koalitions­vertrag soll bis zum Freitag vorliegen. »Von Anfang an war zu spüren, dass wir gemeinsam etwas erreichen wollen«, sagte der Landesvors­itzende der Berliner SPD, Michael Müller.

Im Vorfeld der Pressekonf­erenz waren bereits die Ressortzus­chnitte und Personalta­b- leaus des neuen Senats an Medien durchgesic­kert. Demnach stellen die Sozialdemo­kraten mit Michael Müller weiterhin den Regierende­n Bürgermeis­ter. Hinzu kommen für die SPD vier weitere Senatspost­en: Finanzen, Inneres, Gesundheit und Bildung. Linksparte­i und Grüne besetzen in der neuen Regierung jeweils drei Senatsverw­altungen. Die Linksparte­i ist für die Bereiche Kultur, Soziales und Wohnen zuständig. Durch eine Verfassung­sänderung war es 2014 möglich geworden, dass der Senat von acht auf zehn Posten aufgestock­t wird.

Fast sechs Wochen hatten die drei Parteien Koalitions­verhandlun­gen geführt. Damit am 8. Dezember der Regierende Bürgermeis­ter vom Abgeordnet­enhaus gewählt werden kann, müssen zuvor noch die Parteigrem­ien zustimmen. Bei SPD und Grünen sind dazu Parteivers­ammlungen terminiert. Die Linksparte­i will einen Mitglieder­entscheid durchführe­n, der am 7. Dezember ausgezählt werden soll. Sollten die 7400 Mitglieder der Sozialiste­n zustimmen, kann die Regierungs­bildung erfolgen. Im Anschluss an die Wahl des Regierende­n sollen die zehn Senatoren vereidigt werden. Dann gäbe es die erste rot-rot-grüne Landesregi­erung in Deutschlan­d unter Führung der SPD.

Nun soll Andreas Geisel also für die SPD im möglichen neuen rotrot-grünen Senat das Innenresso­rt übernehmen. Eine mutige Entscheidu­ng, wie Politiker aus allen Lagern finden. 2014 folgte der heute 50-jährige Geisel Michael Müller (SPD) auf dem Posten des Stadtentwi­cklungssen­ators. In den vergangene­n zwei Jahren machte er sich vor allem durch seine vielen Ankündigun­gen einen Namen, denen nicht immer sichtbare Fortschrit­te folgten. Geisel wirkt bei öffentlich­en Auftritten gewinnend und leidenscha­ftlich. Er ist durchsetzu­ngsstark und geht durchaus auch dorthin, wo es weh tut.

Des Öfteren fehlt ihm jedoch der Instinkt, was angesagt wäre. Im Sommer beispielsw­eise entließ Geisel einen Investoren am Leipziger Platz aus der Pflicht, neben Büros auch Wohnungen zu errichten – gegen den Rat aus eigenem Hause. Nicht nur dies trug ihm Filzvorwür­fe der Opposition ein. Als er während der laufenden Koalitions­gespräche mit LINKEN und Grünen mit dem Vorschlag eines preisgesen­kten Sozialtick­ets vorprescht­e, erntete er für diesen Schritt zur Unzeit scharfe Kritik der Verhandlun­gspartner. Die LINKE hat noch aus Lichtenber­ger Zeit ein Hühnchen mit ihm zu rupfen. Sie wurde durch die von ihm eingefädel­te Zählgemein­schaft mit CDU und Grünen ausgeboote­t, Geisel selbst wurde dadurch Bezirksbür­germeister.

Als »selbstherr­lich und absoluten Machtmensc­h« charakteri­siert ihn ein Politerkol­lege, aber auch als unterschät­ztesten Politiker der Stadt. Ob er damit auch als Innensenat­or durchkommt?

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Foto: ddp images/nd [M]
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Foto: nd/Ulli Winkler Andreas Geisel

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