Angeklagt
Es war eine Eilmeldung mitten in der Nacht. Die russischen Nachrichtenagenturen teilten mit, der Minister für wirtschaftliche Entwicklung Alexej Uljukajew sei am Montagabend wegen Bestechung festgenommen und angeklagt worden. Der 60 Jahre alte Professor und Doktor der Wirtschaftswissenschaften der Universität Pierre-Mendes France im französischen Grenoble soll Vertretern der Firma Rosneft ein Schmiergeld in Höhe von zwei Millionen US-Dollar unter Drohungen abgepresst haben.
Der Minister sei auf frischer Tat bei der Geldübergabe ertappt worden, sagte die Sprecherin der Zentralen Russischen Ermittlungsbehörde SKR, Swetlana Petrenko, am Dienstag der Nachrichtenagentur Interfax. Er habe getobt und versucht, seine »Beschützer« anzurufen, jedoch vergeblich. Angaben zufolge war Uljukajews Telefon vom Geheimdienst FSB monatelang abgehört worden.
Uljukajew soll das Geld als »Dank« dafür bekommen haben, dass Rosneft den Zuschlag bei der Privatisierung der Ölgesellschaft Baschneft bekam. Der Minister sei ursprünglich gegen die Teilnahme von Rosneft an der Privatisierung gewesen, heißt es.
Wladimir Putin sei von Anfang an auf dem Laufenden gewesen, sagte sein Pressesprecher Dmitri Peskow. Die Vorwürfe gegen Mi- nister Uljukajew seien sehr ernst. Nur ein Gericht könne ein Urteil darüber fällen. Der Präsidentenberater für Wirtschaftsfragen, Andrej Bjeloussow, verweigerte eine Antwort auf die Frage, ob er an Uljukajews Schuld glaube.
Bis zuletzt bestimmte der Wirtschaftsminister neben dem Finanzminister und der Zentralbankchefin im Wesentlichen die Wirtschaftspolitik der russischen Regierung. In den 90er Jahren hatte Uljukajew zusammen mit dem Reformer Jegor Gaidar am Übergang der russischen Wirtschaft vom Sozialismus zur Markwirtschaft gearbeitet. Später bekleidete er die Posten des Ersten Vizefinanzministers und eines Vizechefs der Notenbank.
Sein Widersacher, Rosneftchef Igor Setschin, hat nun einen Gegenspieler weniger.