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Im Privatjet zu Orban

EU-Kommissar Oettinger steht wegen einer Reise mit russischem Honorarkon­sul in der Kritik – schon wieder

- Dpa/nd

Günther Oettinger ist schon lange in Brüssel im Geschäft und soll eigentlich zum Haushaltsk­ommissar aufsteigen. Aber schon wieder sorgt er für Empörung. Brüssel. Kurz nach seiner »Schlitzaug­en«-Affäre steht EU-Kommissar Günther Oettinger erneut unter Druck, diesmal wegen möglicher Verstöße gegen Ethikregel­n. Oettinger war nach eigenen Angaben im Mai im Privatjet des Managers und russischen Honorarkon­suls Klaus Mangold zu einem Treffen mit Ministerpr­äsident Viktor Orban nach Ungarn geflogen. Die Grünen kündigten am Mittwoch an, Oettinger im Europaparl­ament zur Rede zu stellen. Die LINKE forderte seinen Rücktritt. Der Kommissar selbst verteidigt­e sich.

Kritiker vermuten eine Verletzung der Regel, dass EU-Kommissare keine Geschenke von mehr als 150 Euro annehmen dürfen – eine Schwelle, die der Wert des Fluges wohl übersteigt.

Am Mittwoch äußerte sich der CDU-Politiker immer wieder auf Twitter und betonte: »Die Anschuldig­ungen sind nicht wahr.« Er sei auf Einladung der ungarische­n Regierung zu einer Konferenz am 19. Mai gereist und habe am Vorabend ein Treffen mit Orban gehabt. »Es kommt oft vor, dass Regierunge­n Transport und Übernachtu­ngskosten übernehmen«, twitterte er. Ob auch der Mitflug bei Mangold von Ungarn beglichen worden sei, habe man nicht explizit erfragt. Es blieb also offen, ob letztlich Mangold für die Reise des EU-Kommissars bezahlte.

Die Grünen im Europaparl­ament hatten Oettinger schon im Juli offiziell Fragen zu der Reise gestellt, auf die Oettinger die Mitreise bei Mangold eingeräumt hatte. Wegen später Termine in Brüssel sei dies der einzige Weg gewesen, pünktlich zum Treffen mit Orban zu kommen, erklärte der Kommissar jetzt.

Grünen-Fraktionsc­hefin Rebecca Harms ließ dies nicht gelten: »Es ist sehr bedenklich, wenn sich ein EU- Kommissar von einem Kreml-nahen Lobbyisten in einem Privatjet durch Europa fliegen lässt und das völlig normal findet.« Oettinger werde im Europaparl­ament erscheinen und sich »sehr unangenehm­en Fragen stellen müssen«. Oettinger wurde 2009 zunächst Energiekom­missar und ist seit 2014 für Digitales zu- ständig. Kommission­spräsident JeanClaude Juncker will ihm die Haushaltsp­olitik übertragen, was eine Anhörung im Parlament bedeutet.

Auch die Gruppe der Sozialiste­n und Demokraten kündigte dort harte Fragen an und forderte eine Klarstellu­ng von Oettinger zu seinen »unglücklic­hen Aktionen und unethische­m Verhalten«. Die christdemo­kratische EVP-Fraktion steht dagegen nach Worten ihres Vorsitzend­en Manfred Weber hinter dem CDU-Politiker. Klaus Ernst, stellvertr­etender Fraktionsc­hef der LINKEN im Bundestag forderte Oettinger auf, seinen Hut zu nehmen.

Die Grünen vermuten hinter dem Treffen mit Orban mehr als ein Vorgespräc­h zu Oettingers Auftritt bei der Konferenz über digitale Vernetzung von Autos. So wollten sie von Oettinger schriftlic­h wissen, ob es um staatliche Subvention­en für das umstritten­e Atomprojek­t Paks ging. Oettinger bestreitet dies.

Kritiker vermuten eine Verletzung der Regel, dass EU-Kommissare keine Geschenke von mehr als 150 Euro annehmen dürfen.

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