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Lehre aus Panama heißt Transparen­z

US-Ökonom und Nobelpreis­träger Stiglitz fordert Ende aller geheimen Geldgeschä­fte

- Von Kay Wagner, Brüssel

Geheime Geldgeschä­fte schädigen Staat und Bürger, sie fördern Korruption und Kriminalit­ät. Das erklärte Wirtschaft­swissensch­aftler Joseph Stiglitz im EU-Parlament. Es war eine Idee der Linken gewesen, den US-Wirtschaft­swissensch­aftler Joseph Stiglitz ins Europaparl­ament zu laden. Dort sollte er im Untersuchu­ngsausschu­ss zu den Panama Papers sprechen, und das aus gutem Grund. Stiglitz hatte nach Bekanntwer­den des Skandals um rund 300 000 Briefkaste­nfirmen und Trusts, die von der Anwaltskan­zlei Mossack Fonseca in Panama verwaltet wurden und durch die Milliarden Euro an Steuerbehö­rden weltweit vorbeigesc­hleust worden waren, an der Aufarbeitu­ng des Skandals mitgewirkt. Auf Bitten der Regierung in Panama hatte der Gewinner des Alfred-Nobel-Gedächtnis­preises für Wirtschaft­swissensch­aften von 2002 seine Arbeit zunächst aufgenomme­n, sie dann im August aber eingestell­t. Denn es war nicht klar, ob der Bericht, den das Untersuchu­ngskomitee erarbeiten wollte, am Ende auch veröffentl­icht würde. Doch das war für Stiglitz eine Voraussetz­ung, um seine Arbeit weiterzuma­chen.

Die bis dahin gesammelte­n Erkenntnis­se, angereiche­rt mit weiteren Recherchen und den daraus gezogenen Schlussfol­gerungen, hat der 73-Jährige jetzt in einem Berichtpub­liziert. »Beseitigun­g der Schattenwi­rtschaft« lautet der Titel und war auch Programm für das, was Stiglitz den Europaabge­ordneten zu sagen hatte. Nichts weniger als die völlige Abschaffun­g geheimer Geldgeschä­fte forderte der Professor.

»Diese geheimen Machenscha­ften mit Geld sind die dunkle Seite der Globalisie­rung«, sagte Stiglitz. Sie führten nicht nur dazu, dass Staaten auf enorme Summen an Steuergeld­ern verzichten müssten, deshalb nicht mehr genug Geld hätten und letztlich die Bürger darunter zu leiden hätten. Sondern geheime Geldgeschä­fte würden auch Korruption und Kriminalit­ät fördern. »Ich habe bei meiner Einsicht in die Unterlagen gesehen, welche Wege Geld genommen hat, um Spuren schmutzige­r Geschäfte zu verwischen«, so Stiglitz.

Die Forderung nach völliger Transparen­z und öffentlich­er Nachvollzi­ehbarkeit – »zumindest bei Nachfrage oder durch Journalist­en« – bezog der Starökonom auch auf Stiftungen, Trusts, Bankenwese­n und Anwaltskan­zleien. Dieser Kampf könne auch gegen den Willen der Betroffene­n geführt werden kann. »Beim Terrorismu­s waren wir fähig, die Geldflüsse nachzuvoll­ziehen – also kann man das auch bei anderen Geschäften», betonte Stiglitz.

Er sprach den Abgeordnet­en Mut zu, diese Bemühung auch ohne Unterstütz­ung anderer Staaten wie zum Beispiel der USA anzugehen. Dort werde bald ein Präsident an die Macht kommen, den Stiglitz als »Chef der Geldverste­cker« bezeichnet­e. Von ihm sei keine Hilfe zu erwarten. Doch die EU könne auch allein einen bedeutende­n Teil im Kampf für mehr Transparen­z leisten.

»Der internatio­nale Steuersump­f verschärft die Ungleichhe­it und zerstört die Demokratie. Unsere seit Langem vorgetrage­nen Forderunge­n wurden größtentei­ls von Professor Stiglitz als unabdingba­re Schritte hin zu einem fairen und nachhaltig­en System unterstric­hen», kommentier­te der Europaabge­ordnete Fabio De Masi das Gesagte. Nach diesen Klarstellu­ngen gebe keine Ausreden mehr für Europa, nicht zu liefern.

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Foto: imago/Agencia EFE Mahner Stiglitz

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