nd.DerTag

Gute Koalitions­stimmung an der LINKEN-Basis

Größere Kritik an den bisherigen Verhandlun­gsergebnis­sen blieb aus

- Von Nicolas Šustr

Die Parteiführ­ung der LINKEN kann die erste Basiskonfe­renz zum Koalitions­vertrag als Erfolg verbuchen. Kritisiert wurde sie kaum. Über 200 LINKEN-Mitglieder quetschen sich an diesem Dienstagab­end in den Münzenberg­saal des nd-Hauses. Sie wollen bei der ersten Basiskonfe­renz aus erster Hand erfahren, wie die linke Handschrif­t im fast fertigen rot-rot-grünen Koalitions­vertrag konkret aussieht. Von der Verhandler­seite der Linksparte­i sind fast alle gekommen, nur Harald Wolf und Steffen Zillich mussten im Roten Rathaus bleiben.

»Wir haben allein gestern 17 Stunden lang verhandelt«, sagt der scheidende Landeschef Klaus Lederer. Es gehe »nicht nur um die Überschrif­ten im Koalitions­vertrag, sondern auch um die Perspektiv­e der Umsetzung«. Dann spricht er über die bisher fixierten wichtigste­n Punkte. Unter anderem die Wohnungsfr­age, Investitio­nen in öffentlich­e Infrastruk­tur, Kitas, das Ende des Personalab­baus und, und, und.

»Wir werden ein 100-Tage-Programm erarbeiten mit ersten Maßnahmen«, kündigt Lederer an. »Es kann eine progressiv­e Reformregi­erung werden«, sagt er vorsichtig. Er vergisst auch nicht, sich bei Vereinen, Initiative­n und Verbänden zu bedanken, »von denen wir inhaltlich sehr, sehr gut mit Stoff versorgt wurden«.

»Genauso erschöpft, wie ich aussehe, bin ich auch«, sagt Carola Bluhm, die den Themenkomp­lex öffentlich­er Dienst und Verwaltung verhandelt hatte. Elke Breitenbac­h spricht über Soziales, Pascal Meiser über »Gute Arbeit«. Udo Wolf plaudert auch etwas aus dem Nähkästche­n der Koalitions­verhandlun­gen. »Die SPD hat in der öffentlich­en Sicherheit ganz, ganz viele Stellen ge- fordert – aber es sind 1000 Stellen unbesetzt«, sagt der Fraktionsc­hef.

Wie geht es mit der tarifvertr­agslosen Charité-Tochterges­ellschaft CFM weiter oder wie wird die Entlohnung von Lehrern verbessert, will die Basis wissen. Die Antworten fallen oft nicht so konkret aus, wie gewünscht. Denn die Finanzen sind zu diesem Zeitpunkt nicht endgültig geklärt.

Vor allem Fragen rund um Flüchtling­e erregen die Gemüter. Die Formulieru­ng, dass Abschiebun­gen nach Möglichkei­t vermieden werden und stattdesse­n die freiwillig­e Rückkehr forciert werden solle, stößt auf Unmut. »Lieber das Gesetz brechen, als die Menschen«, fordert eine Anwesende. »Wir können das Aufenthalt­sgesetz – so rassistisc­h und mies es auch ist – nicht ändern, aber die Spielräume auf Ländereben­e können wir nach Kräften nutzen«, entgegnet die designiert­e Landesvors­itzende Katina Schubert. Die für ei- nige Anwesende enttäusche­nde Antwort wird gefasst angenommen. »Ich bitte darum, dass alle, die in der Flüchtling­shilfe aktiv sind, die neuen Hebel nutzen«, appelliert Schubert. Auch die Ankündigun­g von Katrin Lompscher, dass sie einen Rückkauf der Bestände der ehemals landeseige­nen Wohnungsba­ugesellsch­aft GSW für »nicht realistisc­h« halte, sorgte nicht für offensicht­liche Bitterkeit, obwohl dies noch kurz vor der Wahl in einem Papier als Debattenzi­el ausgegeben worden war.

Vielleicht waren die Anwesenden nach fast drei Stunden Vorträgen und Fragen erschöpft. Der bis zu 300 Seiten lange Koalitions­vertrag, der allen Mitglieder­n in den nächsten Tagen zugeht, dürfte sicher keine leichte Kost sein. Profund diskutiere­n können die Mitglieder bei der Basiskonfe­renz am 24. November. Ausgezählt werden soll der Mitglieder­entscheid am 7. Dezember.

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