Mehr Geld oder größerer Landkreis
Landratskandidat in Oder-Spree fordert Lösung für das hoch verschuldete Frankfurt (Oder)
Eberhard Sradnik verlangt eine umfangreichere Entschuldung der Stadt Frankfurt (Oder). Andersfalls müsste ein Großkreis unter Einbeziehung von Märkisch-Oderland gebildet werden, findet er. Eberhard Sradnik wollte das ursprünglich nicht machen, doch die Genossen habe ihn überredet. Bei der Landratsdirektwahl in Oder-Spree am 27. November tritt der parteilose Kreistagsabgeordnete für die LINKE an. Der 59-jährige Tierarzt rechnet sich selbst nicht zum Kreis der Favoriten. Sollte er aber doch zum Landrat gewählt werden, dann vielleicht nicht für die üblichen acht Jahre. Es könnte bereits nach drei Jahren Schluss sein. »Das kann passieren«, bestätigt Sradnik trocken.
Denn 2019 soll es im Land Brandenburg eine Kreisgebietsreform geben. Die Zahl der Kreisverwaltungen soll – die kreisfreien Städte mitgerechnet – von 18 auf zehn reduziert werden. Die Kreistage sollen dann umgehend bestimmen, wer Landrat wird oder Landrat bleibt.
Oder-Spree soll – so ein Vorschlag von Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) und Finanzminister Christian Görke (LINKE) – mit Frankfurt (Oder) zusammengelegt werden. Das erregt Unwillen in dieser Stadt, aber auch im Landkreis.
Das sei das Thema Nummer eins im Landratswahlkampf, sagt Sradnik bei einem Treffen in einem italienischen Restaurant in Berlin-Frie- drichshagen. Die Einwohner von Oder-Spree seien nicht begeistert von der Fusion, zumal die CDU keine Gelegenheit auslasse, den Menschen zu erzählen, sie müssten dann das hoch verschuldete Frankfurt (Oder) mit ernähren. Dieser Gedanke sei nicht einmal abwegig, stimmt Sradnik zu. Zwar wolle die rot-rote Landesregierung die Stadt teilentschulden. Doch die versprochenen Mittel reichen nach Ansicht des Kreistagsabgeordneten nicht aus. Seiner Meinung nach gibt es nur zwei Lösungsmöglichkeiten: Entweder gebe das Land mehr Geld oder der Landkreis MärkischOderland müsse in die Fusion mit Frankfurt (Oder) einbezogen werden, um die finanziellen Lasten auf breitere Schultern zu verteilen.
Das sagt Sradnik auch mit Blick auf die Kreisreform 1993. Damals ging das vormals selbstständige Eisenhüttenstadt im Kreis Oder-Spree auf. Die Integration dauerte nach Einschätzung von Sradnik bis jetzt, also reichlich zwei Jahrzehnte. Eisenhüttenstadt habe zunächst sein Bauamt und einige andere Zuständigkeiten behalten. »Das hat überhaupt nicht funktioniert«, erinnert er sich. Deshalb ist er dagegen, dass Oder-Spree freiwillig klassische Kompetenzen der Landkreise an Frankfurt (Oder) abgibt und beispielsweise die Verantwortung für den Öffentlichen Personennahverkehr bei der Stadt belässt.
In vielen Fragen sind sich Eberhard Sradnik und Uwe Klett einig. In dieser Frage jedoch nicht. Uwe Klett ist Kandidat der Linkspartei für die Bürgermeisterwahl in Schöneiche bei Berlin, die zeitgleich mit der Landratswahl stattfindet. Uwe Klett würde es bevorzugen, wenn Frankfurt (Oder) für die Busse und Straßenbahnen im Stadtgebiet zuständig bleiben würde. »Warum denn nicht?« Darüber hinaus sollten Gemeinden im Berliner Speckgürtel wie Schöneiche auch selbst entscheiden dürfen, welche Buslinien sie sich wünschen und wie oft die Straßenbahnen in Schöneiche und Woltersdorf verkehren.
Klett hat das Treffen im italienischen Restaurant arrangiert. Er sitzt am Tisch neben Sradnik und sucht diesen zu überzeugen. »Wie wäre es mit einer Experimentierklausel? Drei Jahre, das würde mir reichen«, versichert Klett. Schmunzelnd fügt er hinzu: »Ich würde nur zwei Jahre brauchen, um Erfolg zu haben.«
Bisher ist es so, dass die Landkreise dem Berliner Speckgürtel nicht die aus der Hauptstadt gewohnten und eigentlich auch im Umland benötigten Zehn- oder 20-MinutenTakte zugestehen, weil sie irgendwie die unrentablen Busverbindungen in abgelegene Dörfer finanzieren müssen. Die Situation des ÖPNV sei eine Zumutung, bedauert Sradnik. Immer wieder gebe es Beschwerden von Fahrgästen – zu Recht, wie er findet. Würde er das entscheiden dürfen, dann würde er den ÖPNV rekommunalisieren, um die Missstände abzustellen. Im Moment gehört die Busverkehr Oder-Spree GmbH zu 51 Prozent der Deutschen Bahn AG und nur noch zu 49 Prozent dem Landkreis. Wäre die GmbH vollständig in kommunalem Besitz, müsste der Kreis den Nahverkehr nicht ausschreiben und könnte fernab von Gewinninteressen an die Daseinsvorsorge denken, erläutert Sradnik.
Grundsätzlich ist der 59-jährige nicht gegen die Kreisreform. »Das war ich nie.« Aus wirtschaftlicher Sicht sei die Zusammenlegung von Verwaltungen geboten, sagt der Veterinär, der zugleich Unternehmer ist. Denn gemeinsam mit einem Teilhaber gehören ihm zwei Tierarztpraxen mit zusammen zehn Beschäftigten in Beeskow und Eisenhüttenstadt. Sradnik rechnet vor: Im Moment haben Beeskow, Friedland, Tauche und Rietz-Neuendorf je einen eigenen hauptamtlichen Bürgermeister. Würde Beeskow die drei anderen Orte eingemeinden, so würden drei Posten wegfallen, was 225 000 Euro Personalkosten im Jahr sparen würde. Bei einem Jahresetat der Kleinstadt Friedland von zwei Millionen Euro seien 75 000 Euro durchaus schon eine erhebliche Summe, betont Sradnik. Für ihn ergibt sich daraus, dass nach der Kreisreform als nächster Schritt eine Gemeindegebietsreform durchgeführt werden müsse.
»Ich bin aus grundsätzlichen Erwägungen nicht gegen eine Kreisgebietsreform.« Eberhard Sradnik