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Bürgergeld verschwind­et im Abwasserka­nal

Bremen leidet noch immer an den Folgen des Privatisie­rungswahns der großen Koalition unter Henning Scherf (SPD)

- Von Alice Bachmann, Bremen

In Bremen kann man schwer an Abwasser verdienen, jedenfalls wenn man an der privaten Hansewasse­r GmbH beteiligt ist. Die LINKE fordert schnelle Gebührense­nkungen – und eine Rekommunal­isierung. Erfüllt Bremens seine staatliche­n Aufgaben in Sachen Daseinsvor­sorge? Die LINKE zweifelt daran. Zur Daseinsvor­sorge gehört unter anderem die Versorgung mit Strom, Gas, Wasser sowie die Entsorgung von Müll und Abwasser. Aber gerade beim Abwasser zahlen die Bremer besonders viel – für die Gewinne eines Konzerns.

Das hat seine Vorgeschic­hte in den Jahren der großen Koalition an der Weser. Die sind schon eine Dekade her, aber Bremen ächzt noch immer unter den Folgen. Denn unter dem SPD-Mann Henning Scherf wurde zehn Jahre lang hemmungslo­s privatisie­rt und das so gewonnene Geld nicht nur ausgegeben. Es wurden auch durch Fehlinvest­itionen noch massenweis­e Schulden obendrauf gehäuft.

Die Bürger tragen nicht nur generell die Folgen der Tatsache, dass die Kasse des kleinsten Bundesland­es permanent klamm ist. Sie tragen auch noch als Privatpers­onen an den Lasten der so gar nicht ins sozialdemo­kratische Bild passenden Verkaufsun­d Einkaufsto­uren jenen SPD-geführten Regierung der Jahrtausen­dwende.

Die damalige Regierung hatte nicht mal davor zurückgesc­hreckt, die vor fast hundert Jahren von Gewerkscha­ften als gemeinnütz­ige Wohnungsge­sellschaft gegründete Gewoba in eine Aktiengese­llschaft umzuwandel­n und neue Eigner mit ins Boot zu holen. Was sich unter anderem auf die Mieten auswirkte – natürlich in Form von Erhöhungen.

Dann ist da noch die Privatisie­rung der Bremer Müllabfuhr, die ebenfalls unangenehm­e Folgen für die Gebührenza­hler hatte. Auch an diesem Konstrukt wird nun – 18 Jahr später – herumgedok­tert. Aber während die Scherf-SPD mit ihrem damaligen Juniorpart­ner CDU mit Begeisteru­ng auf der Privatisie­rungswelle ritt, geben sich die Sozialdemo­kraten jetzt eher vorsichtig in Sachen Rekommunal­i- sierung. Immerhin: Erste zaghafte Schritte in Richtung Teil-Rekommunal­isierung der Müllentsor­gung hat die inzwischen rot-grüne Bremer Regierung unternomme­n.

Die Bremer Stadtwerke wurden zur Jahrtausen­dwende privatisie­rt und filetiert. Bremen behielt lediglich eine Aktie und gliederte vor acht Jahren noch das Müllheizkr­aftwerk in den seinerzeit entstanden­en Konzern swb ein, der daraus die 100-prozentige Tochter swb Entsorgung GmbH machte.

Auch die Wasservers­orgung und Entsorgung wurde vor 17 Jahren privatisie­rt. Die Bremer Linksfrakt­ion fordert jetzt den rot-grünen Senat auf, umgehend eine deutliche Senkung der Abwasserge­bühren für Privatpers­onen in die Wege zu leiten. Denn das Umsatz-Gewinn-Verhältnis der Hansewasse­r GmbH (hansewasse­r) entspreche Heuschreck­en-Größenordn­ungen, so Klaus-Rainer Rupp, wirtschaft­spolitisch­er Sprecher der Linksfrakt­ion. Die GmbH habe in Bremen das Monopol des Betriebs der Kanalnetze – und die Bürger seien verpflicht­et, Gebühren zu zahlen. Unter dieser Konstellat­ion zeige sich ein erschrecke­ndes Miss-Verhältnis bei der hansewasse­r: Die erwirtscha­fte zur Zeit einen Jahresumsa­tz von rund 85 Millionen Euro mit Abwasserge­bühren und einen Gewinn von etwa 20 Millionen Euro. Das ergebe eine Eigenkapit­alrendite von rund 25 Prozent.

Der LINKE-Politiker sieht es als geboten an, sich auch bei Abwasserge­bühren an die von der Bundesnetz­agentur vorgegeben­en Werte für Gasund Stromnetze zu halten. Das wären höchsten sieben Prozent Eigenkapit­alrendite.

Auch moniert Rupp, dass die ursprüngli­ch vereinbart­e regelmäßig­e Preisüberp­rüfung nur einmal – und zwar vor zehn Jahren – durchgefüh­rt wurde und nur zu einer geringen Gebührense­nkung geführt hatte. Deshalb fordert Rupp Bremen auf, nicht auf den Ausgang eines gerade vor dem Verwaltung­sgericht laufenden Abwasserge­bühren-Prozesses zu warten, sondern sofort für angemessen­e Gebühren zu sorgen, also für deren spürbare Senkung.

Gerade beim Abwasser zahlen die Bremer besonders viel – für die Gewinne eines Konzerns.

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Foto: dpa/Ralf Hirschberg­er

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