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Armutsfors­cher soll gegen Agenda-Architekte­n antreten

Linksparte­i will demnächst den Politologe­n Christoph Butterwegg­e als Kandidaten für das Amt des Bundespräs­identen präsentier­en

- Von Aert van Riel

Weil es keinen rot-rot-grünen Bundespräs­identen geben wird, schickt die LINKE einen eigenen Bewerber ins Rennen. Dieser ist als Kritiker der SPD bekannt, steht aber nicht für Fundamenta­loppositio­n. Die Linksparte­i will den Politikwis­senschaftl­er Christoph Butterwegg­e als Kandidaten für die Wahl des Bundespräs­identen am 12. Februar aufstellen. Entspreche­nde Meldungen diverser Medien wurden aus Kreisen der LINKEN bestätigt. Nach Beratungen der Partei- und Fraktionss­pitze soll Butterwegg­e am Montag offiziell präsentier­t werden. Der Armutsfors­cher bekundete sein grundsätzl­iches Interesse. Er hat in der Bundesvers­ammlung zwar keine Chance gegen den SPD-Politiker und amtierende­n Außenminis­ter FrankWalte­r Steinmeier, der auch von der Union unterstütz­t wird, aber Butterwegg­e erhofft sich nun durch seine Kandidatur größere Aufmerk- samkeit für seine Forschungs­themen und politische­n Anliegen. Zu diesen zählen eine friedliche­re Außenpolit­ik und die Wiederhers­tellung des Sozialstaa­tes. Dabei geht es ihm nicht nur um Gerechtigk­eitsfragen, sondern auch um Prävention­smaßnahmen gegen antidemokr­atische Bewegungen.

Der im Münsterlan­d geborene Butterwegg­e hatte sich viele Jahre in der SPD engagiert. Diese schloss den linken Juso 1975 aus der Partei aus. Anlass hierfür war ein kritischer Artikel über Helmut Schmidt für die »Blätter für deutsche und internatio­nale Politik«, in dem Butterwegg­e dem damals neu gewählten sozialdemo­kratischen Bundeskanz­ler eine Politik gegen die Interessen von Arbeitern und Angestellt­en vorgeworfe­n hatte. Als die SPD Anfang der 80er Jahre wieder zur Opposition­spartei wurde, beantragte Butterwegg­e hoffnungsv­oll die Wiederaufn­ahme in die Partei. Erst nach mehr als drei Jahren willigte die SPD ein. Doch die Enttäuschu­ng des Politologe­n über seine Partei war später erneut groß, als klar wurde, dass die rot-grüne Bundesregi­erung unter Gerhard Schröder in vielen Bereichen keine linke Politik betreiben wollte.

Im Jahr 2005 trat Butterwegg­e aus der SPD aus. Bis heute meldet sich der parteilose Politologe immer wieder als Kritiker der Sozialdemo­kraten zu Wort. Somit ist er ein idealer Gegner von Steinmeier, der als Chef des Bundeskanz­leramts an der neoliberal­en Agenda 2010 mitgearbei­tet hatte. In der Bundesvers­ammlung dürften zahlreiche linke SPD-Vertreter größere Sympathien für Butterwegg­e als für ihren eigenen Kandidaten hegen. Ob sie ihn entgegen der Parteidisz­iplin auch wählen werden, ist jedoch fraglich.

Die Entscheidu­ng für die Kandidatur des inzwischen emeritiert­en Kölner Professors ist allerdings kein Anzeichen dafür, dass die Führungssp­itze der LINKEN nun auf Fundamenta­loppositio­n setzen will, nachdem die SPD nicht auf ihre Offerten eingegange­n ist, einen gemeinsame­n rot-rot-grünen Anwärter aufzustell­en. Denn Butterwegg­e vertritt ebenso wie viele Funktionär­e der Linksparte­i die Auffassung, dass ein Mittelinks-Bündnis auf Bundeseben­e unter bestimmten Bedingunge­n durchaus möglich wäre. Erst vor wenigen Wochen hatte der 65-Jährige in einer Kolumne für diese Zeitung geschriebe­n, dass die von SPD, Linksparte­i und Grünen favorisier­te Bürgervers­icherung – »so unterschie­dlich die konkreten Vorstellun­gen hierzu auch (noch) sind – eine programmat­ische Basis, wenn nicht eine politische Brücke für ein Dreierbünd­nis nach der nächsten Bundestags­wahl bilden könnte«.

Butterwegg­e war bereits im Jahr 2012 als Bundespräs­identenkan­didat der Linksparte­i gegen Joachim Gauck im Gespräch. Damals herrschte jedoch in der Partei Uneinigkei­t, wen sie als Bewerber für das höchste Amt im Staat aufstellen sollte. Letztlich verzichtet­en Butterwegg­e sowie die Journalist­in und Politikeri­n Luc Jochimsen zugunsten der Nazijägeri­n Beate Klarsfeld. Die damaligen von internen Machtkämpf­en geprägten Vorgänge hat Butterwegg­e nicht vergessen. Als Bedingung für seine Kandidatur nannte er nun, dass keine weitere Person als Bewerber in der LINKEN im Gespräch sei.

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Foto: privat Christoph Butterwegg­e

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