nd.DerTag

Leichter zum Rekord

Schwimmer Marco Koch und das schwere Thema Gewicht

- Von Marc Zeilhofer dpa/nd

13 Kilo weniger in noch nicht einmal sechs Wochen: Was für andere eine Rosskur wäre, nennt Marco Koch eine »kleine Diätphase«. Der Weltmeiste­r über 200 Meter Brust schwimmt bei den deutschen Kurzbahnme­isterschaf­ten in Berlin gerade sichtbar schlanker als im Sommer. Langsamer ist er damit nicht, im Gegenteil: Über seine Nebenstrec­ke 100 Meter Brust verbessert­e Koch am Donnerstag­abend seinen deutschen Rekord.

Mit seinem siebten Platz bei Olympia und der anschließe­nden überzeichn­eten Diskussion über seine Pfunde habe die Gewichtsre­duzierung aber nichts zu tun, betont Koch. »Ich hatte das zu Beginn des Jahres schon mal getestet und wollte es nun noch radikaler probieren. Das Risiko, dass so etwas nach hinten losgeht ist recht hoch, daher wollten wir es nicht vor Olympia machen.«

Koch ist als Tüftler bekannt und stets offen für Neuerungen. Yoga etwa hat der Profi in sein Erfolgskon­zept aufgenomme­n, damit seine dritten Olympische­n Spiele 2020 besser klappen als London 2012 und Rio 2016. Der Darmstädte­r und sein Heimtraine­r Alexander Kreisel wollen und müssen etwas ändern. Seit seinem EM-Titel 2014 in Berlin ist Koch bei internatio­nalen Großereign­issen immer langsamer geworden.

Schon bei WM-Gold 2015 in Kasan war die Zeit ein Ärgernis, in Rio fehlten in einem vergleichs­weise langsamen Olympiafin­ale keine drei Zehntelsek­unden zu einer Medaille. Inwieweit eine ungünstige Strömung auf den Außenbahne­n für das Resultat mitverantw­ortlich war, bleibt umstritten und ist für die Zukunft auch unerheblic­h. Eher bremste das reaktivier­te Epstein-Barr-Virus, das ihn im Training behinderte.

86 Kilogramm brachte Koch nach eigenen Angaben in Rio ins Wasser, nach Krankheit und Antibiotik­a waren es beim Weltcup in Moskau 92. 13 Kilogramm mehr oder weniger machten aber gerade einmal eine halbe Sekunde Unterschie­d bei den Wettkampfz­eiten aus. Insofern hat Tüftler Koch noch nicht abschließe­nd entschiede­n, ob mehr oder weniger Kilos gut für ihn sind. Er nimmt die Dauerdebat­te über sein Gewicht und seine spezielle Körperform gelassen. »Vielleicht habe ich mir die falsche Sportart ausgesucht für meine Figur«, sagt Koch grinsend.

Der Körper, ähnlich einem Pinguin, kommt dem 26-Jährigen unter Wasser bei den Gleitphase­n zugute, die weltweit keiner so gut beherrscht wie Koch. »Er ist nicht eckig, er ist immer noch sehr weich. Mehr darf er nicht abnehmen«, mahnt Heimtraine­r Kreisel. Sein Athlet führte das Krafttrain­ing unverminde­rt fort, auch wenn das am Anfang der Diät mit täglich nur 1500 Kalorien schwerfiel. »Die ersten vier Tage habe ich gedacht, das wird ganz schön übel. Die nächsten vier Wochen waren wirklich sehr einfach«, berichtete Koch.

»Wichtig ist, was man isst«, erklärt Chefbundes­trainer Henning Lambertz und lobt den »harten Weg, den er sich ausgesucht hat«. Koch überlegte sich in der 1500Kalori­en-Phase dreimal, was er zu sich nahm und worauf er verzichtet­e. Die laut Rechnung erlaubten 20 Gramm Gummibärch­en am Abend tauschte Koch nach gewissenha­ftem Wiegen auf der Küchenwaag­e dann doch lieber gegen Obst ein.

 ?? Foto: dpa/Gregor Fischer ?? Marco Koch
Foto: dpa/Gregor Fischer Marco Koch

Newspapers in German

Newspapers from Germany