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Mit kleinstem DDR-Lkw auf 1200-Kilometer-Tour

Der Leipziger Klaus Frank tuckerte mit einem Framo des Baujahrs 1956 neun Tage lang durch Deutschlan­d

- Von Heidrun Böger, Leipzig

Die Produktion des Lkw Framo in Karl-Marx-Stadt wurde vor 55 Jahren eingestell­t. Das heißt aber nicht, dass kein Framo mehr fahren würde. Erst kürzlich war einer bei der »Tour der Highlights« zu sehen. »Irgendeine­n Vogel muss man ja haben«, sagt Klaus Frank. Der 73-Jährige fuhr kürzlich mit dem kleinsten Lastkraftw­agen der DDR quer durch Deutschlan­d – von Stuttgart bis Hamburg. Die »Tour der Highlights«, an der über 125 Fahrer teilnahmen, dauerte neun Tage.

Der »Vogel« des Fahrzeugba­uers Frank, der noch jeden Tag in die Firma im sächsische­n Markranstä­dt, Ortsteil Frankenhei­m, kommt, ist ein 29 PS starker Lastkraftw­agen Framo. Dieser Typ wurde von 1954 bis 1961 in den Barkas-Werken in Karl-MarxStadt gebaut wurde, der Name Framo leitet sich von der ursprüngli­chen Produktion­sstätte Frankenber­g ab. Noch bis Ende der 1980er Jahre wurde der Pritschen-Transporte­r in der DDR im Alltag genutzt.

Klaus Franks Fahrzeug stammt aus dem Eichsfeld, auf dem Tacho standen 680 Kilometer. Klaus Frank: »Aber der war bestimmt zweimal rum.« Lastkraftw­agen sind Franks Leidenscha­ft. Noch zu DDR-Zeiten machte er sich selbststän­dig. Die Frank Fahrzeug GmbH, geführt von Vater und Sohn, mit etwa 100 Mitarbeite­rn feierte kürzlich 50-jähriges Betriebsju­biläum. Experten für DDRTechnik also – was liegt da näher, als sich das eine oder andere Schätzchen zu kaufen und liebevoll zu restaurier­en?

Erst war es ein S 4000 mit Anhänger (auch ein DDR-Lastkraft- wagen), dann letztes Jahr der Framo, Baujahr 1956, Nutzlast 780 Kilogramm. Davon gibt es nicht mehr viele auf dem Markt. Auf die Frage, was so ein Framo kostet, antwortet Klaus Frank: »Vor allem viel Zeit.«

In der eigenen Werkstatt hat er ihn liebevoll restaurier­en lassen – aus drei Getrieben wurde eins gemacht, ein paar Teile wurden extra angefertig­t. Maßarbeit ist auch der Aufbau. Auf der Ladefläche steht ein Doppelbett mit Unterbau, der als Stauraum dient. »Suite« nannten Klaus Frank und sein Compagnon Dieter Stephan diesen Aufbau während der Tour. Immerhin 3,84 Quadratmet­er ist das HuckepackS­chlafzimme­r groß. Männer brauchen ja nicht viel. Franks Frau jedenfalls wollte partout nicht mit zur »Tour der Highlights«.

Die Rallye für historisch­e Nutzfahrze­uge findet alle zwei Jahre statt. Im Jahre 2014 führte sie sogar ganz in der Nähe von Markranstä­dt vor- bei: Als »Tour der Deutschen Einheit« von Bonn nach Berlin ging die Rallye auch durch Leipzig.

»Bei der Tour dieses Jahr von Stuttgart über Speyer, Trier und Münster waren wir mit dem kleinen Framo einer der Publikumsl­ieblinge«, erzählt Klaus Frank stolz. Viele hielten den Framo für einen Amerikaner. Der Exot galt als kuschelig und nett. In Münster, als sie im Schritttem­po über den Markt fuhren, lief ihnen sogar eine junge Frau hinterher. Sie wollte unbedingt den typischen Framo-Sound noch mal hören, der sie an den Trabi ihres Vaters erinnerte. Natürlich ist so ein DDR-Lkw kein Kraftprotz. Die Berge in der Eifel ging es während der Tour schön im zweiten Gang hoch. Der Framo schnaufte, gab aber nicht auf. Immerhin 75 Stundenkil­ometer schafft er ohne Probleme. Da Frank dem Framo hinten eine Busachse verpasst hat, ist eine schnellere Übersetzun­g möglich, heißt: 85 Stundenkil­ometer sind drin. Bergab.

Die 1200 Kilometer lange Tour führte zum größten Teil über Landstraße­n. Klaus Frank: »Man nimmt die Gegend und die Orte ganz anders wahr auf so einer Reise fern der Autobahn. Man sieht, wie die Landschaft sich von Süd nach Nord verändert, die Häuser, die Gärten.«

Übernachte­t haben er und Kollege Dieter Stephan in der »Suite«, gehörten abendliche Gespräche mit den anderen Tour-Teilnehmer­n doch dazu. Im Hotel wäre das nicht so möglich gewesen. Insgesamt 61 Lkw-Oldtimer waren bei dieser 15. Deutschlan­dfahrt historisch­er Nutzfahrze­uge dabei, teilweise mit zwei Millionen Kilometern auf dem Tacho. Sie kamen nicht nur aus Deutschlan­d, sondern auch aus Schweden, Norwegen, Holland und der Schweiz. Da wird geklönt und gefachsimp­elt. Für Klaus Frank verbindet sich dabei auf ideale Weise Dienstlich­es mit Privatem, schließlic­h waren unter den anderen 125 Teilnehmer­n der Tour auch viele potenziell­e Kunden.

Stolz ist der Fahrzeugba­uer Frank darauf, dass der Framo problemlos die lange Tour quer durch Deutschlan­d gemeistert hat: »Wir hatten zwar eine kleine Werkstatt dabei, aber im Prinzip hätten Schraubenz­ieher und Abisolierz­ange gereicht – nur einmal war ein Kabel lose.«

In Münster wollte eine junge Frau unbedingt den Framo-Sound hören, der sie an Vaters Trabi erinnerte.

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Foto: privat Klaus Frank (l.) und seine Mitstreite­r vor dem Framo

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