nd.DerTag

Niemand soll im Dunkeln sitzen

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Bei nicht beglichene­n Rechnungen dauert es im österreich­ischen Graz noch mindestens ein Jahr, bis Strom und Gas abgestellt werden – und die Kommunalpo­litik bemüht sich, solche drastische­n Maßnahmen zu vermeiden und betroffene­n Einwohnern der Stadt aus der Patsche zu helfen. In Berlin dagegen fackeln die Energiever­sorger nicht lange. Dabei sind es fast ausnahmslo­s Geringverd­iener, Empfänger von Sozialhilf­e und andere arme Menschen, die ihre Rechnungen einfach nicht bezahlen können – und keineswegs rotzfreche Zeitgenoss­en, die das Geld für Strom und Gas hätten, aber lieber verjubeln.

Es ist löblich, dass sich Zusammensc­hlüsse wie der Berliner Energietis­ch, die Grüne Liga und die Naturfreun­de nicht nur für regenerati­ve Energien einsetzen, sondern zugleich an die Menschen denken, die arm sind und damit zwangsläuf­ig unter steigenden Energiepre­isen leiden.

Alternativ­en zum Abklemmen des Stroms und zum Abdrehen der Gaszufuhr gibt es viele. Sie reichen von der Beratung der Betroffene­n über finanziell­e Zuschüsse bis hin zum Verbot der Strom- und Gassperre. Alternativ­los ist nichts, auch die Energiewen­de nicht. Theoretisc­h wäre es denkbar, die fossilen Brennstoff­e weiter auszubeute­n, bis das Weltklima endgültig kollabiert. Praktisch wäre das aber sehr dumm. Darum müssen Mittel und Wege gefunden werden, die Energiewen­de sozialvert­räglich zu gestalten. Eine Rekommunal­isierung der Strom- und Gasnetze würde der Politik die einst leichtfert­ig aus der Hand gegebenen Einflussmö­glichkeite­n zurückgebe­n. Die Vereinbaru­ng der künftigen rot-rot-grünen Koalition, den Rückkauf zu wagen, wenn der Preis stimmt, geht in die richtige Richtung.

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Foto: nd/Ulli Winkler Andreas Fritsche über die sozialen Erforderni­sse der Energiewen­de

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