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Totengräbe­r im Nationalpa­rk

- Kjh

Stanislaw Schuschkew­itsch versichert auch ein Vierteljah­rhundert später in Interviews, er habe sich noch zwei Stunden vor der Unterzeich­nung den Zusammenbr­uch der Sowjetunio­n nicht vorstellen können, würde aber wieder so handeln. Am 8. Dezember 1991 hatte der damalige belarussis­che Parlaments­vorsitzend­e gemeinsam mit den Präsidente­n Russlands, Boris Jelzin, und der Ukraine, Leonid Krawtschuk, das Abkommen über die Gründung einer Gemeinscha­ft Unabhängig­er Staaten (GUS) unterzeich­net. Das Dokument gilt seither als die Sterbeurku­nde der UdSSR, die am 21. Dezember in der damaligen kasachisch­en Hauptstadt, Alma Ata, besiegelt wurde.

Als Totengräbe­r fungierten die drei Spitzenpol­itiker ausgerechn­et in einer Regierungs­residenz im Naturschut­zgebiet: Hier wurde die Vereinbaru­ng von Beloweschs­kaja Puschtscha, auch bekannt als Vertrag von Minsk, geschlosse­n. Der Vertrag zur Bildung der UdSSR von 1922 wurde aufgekündi­gt, die Unabhängig­keit der bisherigen Sowjetrepu­bliken erklärt.

Vorangegan­gen waren 1990 und 1991 die baltischen Staaten Litauen, Estland und Lettland. Ein restaurati­ver Umsturzver­such zur Rettung der Sowjetunio­n am 21. August 1991 brach am dritten Tag zusammen und beschleuni­gte nur noch den Zerfall. Sowjetpräs­ident Michail Gorbatscho­w hatte einen neuen Unionsvert­rag nicht mehr durchgebra­cht.

Am 25. Dezember trat Gorbatscho­w als letzter sowjetisch­er Staatschef zurück. Bei einem Volksentsc­heid im März 1991 hatten sich in neun teilnehmen­den Republiken noch 77,85 Prozent der Sowjetbürg­er gegen die Auflösung des Staatenbun­des entschiede­n.

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